Edmund G. Gardner

Die hl. Caterina von Siena

Eine Studie über Religion, Literatur und Geschichte
des 14. Jahrhunderts in Italien

12. Kapitel

Der Beginn des Schismas

 

Wir müssen nun auf das zurückkommen, was sich in Rom und Tivoli ereignete, während Caterina im Auftrag ihres göttlichen Meisters in Florenz tätig war.

Gregor war im November von Anagni zurückgekehrt, gesundheitlich angeschlagen und seelisch verbittert. Sogar die Römer wandten sich gegen ihn. Da er den Vorschlägen der Adeligen, insbesondere des ehrsüchtigen und intriganten Grafen von Fondi, Onorato Gaetani, Gehör schenkte, hatte er sich die Freundschaft der Bandaresi, der wichtigsten Repräsentanten des römischen Volkes, verscherzt. Es wurde befürchtet, dass sie versuchen würden, den Papst daran zu hindern, die Stadt erneut zu verlassen. Der Kardinal von Marmoutier berichtet, Gregor hätte ihm mitgeteilt, dass einer der römischen Kardinäle seinen Tod plane, um selbst die Tiara zu erhalten.[1] Jemand aus der Umgebung des Papstes erzählte Alfonso da Vadaterra, der sich damals in Rom aufhielt, um die Heiligsprechung Birgittas zu betreiben, dass Gregor beabsichtigte, den Aufforderungen der französischen Kardinäle und seiner Familie zu folgen und nach Avignon zurückzukehren. „Ich bin absolut sicher“, antwortete der Einsiedler-Bischof, „dass er niemals in der Lage sein wird, das zu tun. Denn es ist der Wille Gottes, dass unser Herr, der Papst, und seine Kurie in Rom bleiben sollen.“[2] Wenige Tage nach diesem Gespräch befiel Gregor seine letzte Krankheit. Die Bandaresi erzwangen den Weg zu seinem Krankenbett, um sich selbst zu überzeugen, ob er tatsächlich im Sterben lag. „Der Papst kann nicht überleben“, hörte man den einen zum anderen sagen, als sie den Palast verließen, „die Zeit ist gekommen, um uns als gute Römer zu erweisen. Wir müssen dafür sorgen, dass die Papstwürde auf jeden Fall bei unserem Volk verbleibt.“[3] Von seinem Sterbebett aus veröffentlichte Gregor eine Bulle, mit der er die Kardinäle ermächtigte, unverzüglich die Wahl seines Nachfolgers in Angriff zu nehmen, ohne ihre abwesenden Kollegen einzuberufen oder auf sie zu warten, und die Wahl, die mit einer Zweidrittelmehrheit getroffen werden sollte, auch gegenüber einer feindlichen und hartnäckigen Minderheit zu bestätigen. Etwa zur gleichen Zeit ließ er nach Einbruch der Dunkelheit heimlich Pierre Gandelin, den provenzalischen Gouverneur der Engelsburg, kommen und übergab ihm einen großen Teil der päpstlichen Schätze, wobei er ihm verbot, die Schlüssel der Festung ohne ausdrücklichen Befehl der Kardinäle in Avignon herauszugeben, was auch immer geschehen möge.

Dieser letzte von der Kirche anerkannte französische Papst starb am 27. März 1378 voll düsterer Befürchtungen. Einem Bericht zufolge betrachtete er seinen Tod als direkte Intervention Gottes, um seine Rückkehr nach Avignon zu verhindern; nach einem anderen war er überzeugt, dass ein furchtbarer Sturm über die Kirche hereinbrechen würde, für den er verantwortlich sei, weil er den Visionen Birgittas und Caterinas Glauben geschenkt und das Papsttum nach Rom zurückgebracht hatte.

Kaum war die Nachricht von seinem Tod laut geworden, als die Vorbereitungen für die Wahl seines Nachfolgers begannen – sowohl unter den Mitgliedern des Heiligen Kollegiums wie auch unter jenen, die angeblich keine Stimme in dieser Sache hatten. Die Römer hielten geheimnisvolle Versammlungen im Kloster Ara Caeli und im Palast des Senators auf dem Kapitol ab. Abordnungen warteten auf die Kardinäle, um sie aufzufordern, einen römischen oder zumindest einen italienischen Papst zu wählen. Derselbe Rat wurde ihnen in den Straßen nachgerufen und wilde Drohungen hinzugefügt. Wenn sich die Kardinäle jeden Morgen in Santa Maria Nuova, jetzt Santa Francesca Romana, trafen, um am Grab des verstorbenen Pontifex ein feierliches Requiem für seine Seelenruhe zu halten, ergriffen die Bandaresi und andere Römer, die anwesend waren, die Gelegenheit, um sie nochmals dringlich auf die Notwendigkeit hinzuweisen, einen italienischen Papst zu wählen und den Apostolischen Stuhl in Rom beizubehalten. Die Römer nahmen die Tore der Stadt in Besitz und bemächtigten sich der Schifffahrt auf dem Tiber. Während die Adeligen, darunter Onorato Gaetani, Graf von Fondi, und Niccolò Orsini, Graf von Nola, hohe Beamte der Kirche, auf deren Schutz die Kardinäle weitgehend hätten zählen können, vertrieben wurden, drängten Banden bewaffneter Bauern und Bergbewohner aus den Sabiner und Albaner Berger in die Stadt und trugen mit ihrem Schreien und Toben zur allgemeinen Verwirrung und Besorgnis bei, indem sie die französischen Angehörigen und Diener des Heiligen Kollegiums bedrängten und bedrohten. Offenkundig waren die Väter in eine Falle geraten.

Dennoch glaubten die Kardinäle nicht wirklich an die Ernsthaftigkeit der Gefahr. Sie hielten es weder für ratsam, die bretonischen und gascognerischen Söldner, von denen sich etwa achthundert in der Nähe von Rom befanden, herbeizurufen, noch hielten sie es für notwendig (obwohl sie in diesem Punkt unterschiedlicher Meinung waren), hinter den Zinnen von Sant‘ Angelo Schutz zu suchen. Auf die eindringlichen Bitten der Behörden der Stadt, einen Römer oder Italiener zum Papst zu wählen, antworteten sie allgemein, dass sie einen wählen würden, der ihnen, Italien und der gesamten Christenheit sehr wohl gefallen würde. Die vier italienischen Kardinäle tadelten auf Betreiben des gesamten Kollegiums die römischen Beamten für ihr Verhalten, jedoch ohne Ergebnis.[4] Der Senator von Rom, Guido de Pruinis, und die Bandaresi übernahmen im Namen der Republik den Schutz des Konklaves und die Bewachung der Leoninischen-Stadt.[5] Eine Proklamation wurde erlassen, in welcher allen Störenfrieden der öffentlichen Ordnung mit der Todesstrafe gedroht wurde, und auf der Piazza San Pietro wurden feierlich ein Richtblock, eine Axt und andere grausame Werkzeuge des Henkers aufgestellt. Eine allgemeine Stimmung von Besorgnis und Erwartung erfüllte die Ewige Stadt.

Sechzehn Kardinäle befanden sich damals in Rom, darunter zehn Franzosen, vier Italiener, ein unmittelbarer Untertan des Kaisers und ein Spanier. Sie waren in drei Fraktionen gespalten: die des Limousin, die französische und die italienische. Die Fraktion des Limousin bestand aus Prälaten, die durch Geburt oder andere Bande mit den Familien Clemens‘ VI., Innozenz‘ VI. und Gregors XI. verbunden waren und wünschten, einen aus ihrer Gruppe zu wählen, um die üblen Traditionen fortzusetzen, die die Kirchenmänner ihrer Prägung an die Spitze der klerikalen Welt befördert hatten. Dazu gehörten der Kardinal von Limoges (Jean de Cros), der Kardinal von Poitiers (Guy de Malesset), der Kardinal von Marmoutier (Gérard du Puy), Kardinal Guillaume d’Aigrefeuille, Kardinal Pierre de Vergne, die alle aus dem Limousin stammten, sowie der Kardinal von Viviers (Pierre de Sortenac), der ein Cahorsine war. Die Kardinäle von Viviers und Poitiers scheinen die von dieser Gruppe am meisten favorisierten Kandidaten gewesen zu sein. Ihnen gegenüber stand die so genannte französische Fraktion, zu der der Kardinal von Glandèves (Bertrand Lagier), der Kardinal von Sant‘ Eustachio (Pierre Flandrin), der Kardinal von Sant‘ Angelo (Guillaume de Noellet) und der Kardinal der Bretagne (Hugues von Montalais), ein gebürtiger Anjou, der Kanzler der Bretagne gewesen war, gehörten. Dieser letztgenannten Fraktion gehörten auch die beiden stärksten Persönlichkeiten des Heiligen Kollegiums an, obwohl keiner von ihnen Franzose war: Kardinal Robert von Genf, der Schlächter der Bürger von Cesena, und der Kardinal von Aragon, Pedro de Luna.

Robert, der jüngere Sohn des Grafen Amédée III. von Genf, war durch seine Großmutter, Agnes von Savoyen, mit dem französischen Königshaus verbunden und hatte den Titel eines Erzbischofs von Cambray inne. Das erklärte Ziel dieser Fraktion war es, die Kirche von der Vorherrschaft des Limousin zu befreien, selbst um den Preis der Wahl eines italienischen Papstes, obwohl ihre Wahl vorzugsweise auf den Kardinal von Sant‘ Eustachio oder auf Kardinal de Noellet gefallen wäre.

Der Anführer der vier italienischen Kardinäle war der Dekan der Kardinal-Bischöfe, Piero Corsini, der Kardinal von Florenz, der (wie wir wissen) durch Urban V. im Jahr 1370 in das Kardinalsamt berufen worden war. Gregor XI. hatte ihn zum Bischof von Porto ernannt, weshalb er häufig als der „Kardinal von Porto“ beschrieben wird. Er war ein Mann von großen Fähigkeiten und wenig Zivilcourage. Francesco Tebaldeschi war ein Römer von einfacher Herkunft, der, wie der Aristokrat Corsini, einer der Kardinäle Urbans V. gewesen war. Sein Titel war der von Santa Sabina, aber man nannte ihn stets den „Kardinal von St. Peter“, weil er Erzpriester der Basilika war. Er war ein alter Mann, gesundheitlich schwer beeinträchtigt und von Gicht geplagt. Jacopo Orsini, Mitglied einer großen Guelfen-Familie, war der zweite Römer im Kardinalskollegium. Er war Dekan der Kardinaldiakone, ein noch relativ junger Mann von zweifelhafter Integrität und großem Ehrgeiz. Während er vordergründig der französischen Fraktion zugeneigt war, strebte er insgeheim selbst nach der Tiara und rechnete mit der Unterstützung des römischen Adels und der Bevölkerung. Das letzte Mitglied dieser Gruppe war der Erzbischof von Mailand, Simone Brossano, ein im kanonischen Recht gebildeter Mann, der durch Gregor XI. unter dem Titel von SS. Giovanni e Paolo auf dem Celio-Hügel in das Heilige Kollegium aufgenommen worden war.

Zu diesen sechzehn Kardinälen kamen sieben Mitglieder des Heiligen Kollegiums hinzu, die nicht in Rom waren. Sechs von ihnen, darunter der Bruder Urbans V., Anglico de Grimoard (der beste der französischen Kardinäle), befanden sich in Avignon. Der siebente, Jean de la Grange, der benediktinische „Kardinal von Amiens“, ein wohlhabender und weltlich gesinnter Mönch, ein untergeordneter Politiker mit großem Einfluss auf den französischen König, war der wichtigste päpstliche Vertreter beim Kongress von Sarzana gewesen und hielt sich jetzt in Pisa auf.

Das einzige Mitglied des Heiligen Kollegiums, an das sich Caterina und alle, die die Rettung Israels suchten, wandten, war Pedro de Luna, der zuletzt den verstorbenen Papst bei der Wiederrichtung des Heiligen Stuhls in Rom unterstützt hatte, wo er offensichtlich den Rest seines Lebens zu verbringen gedachte, da er sich einen Palast gebaut hatte, mit der Restaurierung seiner Titularkirche Santa Maria in Cosmedin beschäftigt war und sogar seine Begräbnisstätte in San Lorenzo bestimmt hatte. Ein Mann von tadellosem Lebenswandel, umfassender Bildung, großer Wohltätigkeit und offenkundig aufrichtiger Frömmigkeit, unempfindlich gegen moralische oder physische Ängste; dennoch gab es etwas Geheimnisvolles und Undurchschaubares in seinem Auftreten und in seinem Charakter. Unter allen ausländischen Kardinälen war er jedoch der einzige, den die Römer liebten und respektierten. Er war eng mit Alfonso da Vadaterra befreundet, mit dem er – ebenso wie mit Fra Raimondo und Fra Gonsalvo, dem Dominikaner-Prior von Santa Sabina – die Situation in aller Offenheit diskutierte. „Ich versichere Euch“, sagte er eines Tages zu Fra Gonsalvo im Hinblick auf die Drohungen der Römer, „dass ich niemanden zum Papst wählen werde außer den, den ich will, selbst wenn ich dafür sterben müsste. Und warum sollte ich es für ein unwürdiges Ende halten, durch die Hand dieser Leute und in dieser heiligen Stadt zu sterben, in der so viele tausend Heilige für die Wahrheit gekämpft haben?“[6] Von katholischen Schriftstellern im Licht seiner späteren Karriere als listiger Betrüger und berechnender Heuchler betrachtet, ist es für den unvoreingenommenen Studierenden der Kirchengeschichte dennoch schwierig, Pedro de Luna nicht als einen Mann mit aufrechtem Lebenswandel und hohen Idealen anzusehen, der eifrig danach strebte, das verborgene Juwel der Wahrheit zu finden und dem Licht zu folgen, das seiner Ansicht nach dorthin führte.

Aber es gab noch eine andere Persönlichkeit, die nicht dem Kardinalskollegium angehörte und auf die in dieser Krise der Kirchengeschichte die Augen vieler in Rom gerichtet waren. Bartolommeo Prignano wurde kurz vor 1320 in Neapel geboren; sein Vater war von Geburt Pisaner, seine Mutter Neapolitanerin. Als Erzbischof von Acerenza und Assistent des Vizekanzlers hatte er am Hof von Avignon residiert und war mit den Angelegenheiten und der Verwaltung der Kirche bestens vertraut. Wie wir gesehen haben, war er zunächst ein Gegner Caterinas gewesen und hatte sich dann aber von ihrer Heiligkeit beeindrucken lassen, obwohl wir nicht wissen, inwieweit er mit ihr persönlichen Kontakt hatte. Er war mit Papst Gregor, der ihn zum Erzbischof von Bari ernannt hatte, nach Rom gekommen und fungierte nun als Vizekanzler des Heiligen Stuhls, da der Kardinal von Pamplona in Avignon weilte. Der äußeren Erscheinung nach war er gedrungen und stämmig, blass und fahl im Gesicht. Was seinen Charakter betrifft, so versichert uns Dietrich von Nieheim, später einer seiner Sekretäre, dass er „ein demütiger und frommer Mann war, der seine Hände von allen Geschenken frei hält, ein Feind und Verfolger jeglicher Simonie, ein Liebhaber der Keuschheit und Gerechtigkeit, aber einer, der sich zu sehr auf seine eigene Klugheit verließ und nur zu bereitwillig den Schmeichlern Glauben schenkte.“[7] Ihm fehlten die höflichen und zuvorkommenden Manieren des Kardinals von Aragon, das Flair eines glänzenden Mannes von Welt, das den Kardinal von Genf umgab, der diplomatische Scharfsinn und die aristokratische Würde des Kardinals von Florenz. Er war schroff und ungestüm, leicht zum Zorn zu reizen, ohne Zurückhaltung und Taktgefühl in Wort und Tat – obgleich diese Eigenschaften bisher durch seine vergleichsweise untergeordnete Stellung unter Kontrolle gehalten worden waren.

Der Erzbischof hatte sich vor kurzem ein Haus und einen Weingarten in Rom gekauft, um das römische Bürgerrecht zu erwerben. Seine Feinde sahen in allen seinen Handlungen in diesen Tagen eine böse Absicht. Es heißt, er habe den Arzt des Papstes, Francesco Casini, während Gregors letzter Krankheit ständig heimlich nach der Möglichkeit seiner Genesung befragt. Während der neun Tage der Totenmessen für Gregors Seele in Santa Maria Nuova hatte er die Gelegenheit ergriffen, Guido de Pruinis zu bitten, ihn den Bandaresi und ihren Amtskollegen vorzustellen. Danach scheint er häufig an ihren geheimen Zusammenkünften auf dem Kapitol teilgenommen zu haben. Das alles ist jedoch nicht im Geringsten unvereinbar mit einem ehrlichen Verhalten, und die gegen ihn erhobenen An­schul­digungen, er habe versucht, die Unterstützung der Römer für seine Pläne gegen das Papsttum zu erkaufen, können außer Acht gelassen werden. Es scheint sicher, dass er dazu riet, maßvoll und friedfertig zu sein. Nardo di Giorgio, ein Apotheker, der damals zu den Bandaresi gehörte und einen recht finsteren Eindruck auf die französischen Prälaten der Kurie gemacht zu haben scheint, hat zu Protokoll gegeben, dass er und andere Römer den Erzbischof eines Tages baten, zu den Kardinälen zu gehen und sie zu bitten, ihnen einen römischen oder italienischen Papst zu geben, worauf Bartolommeo antwortete, sie sollten den Kardinälen keine derartigen Bittgesuche vorlegen, sondern sie ihre Wahl frei treffen lassen, und dass er für seinen Teil glaube, die Kardinäle würden ihre Sache gut machen. „Da waren dieser Zeuge und seine Gefährten mit seiner Antwort nicht zufrieden und sagten ihm, sie würden einen anderen suchen, der eher ihren Wünschen entsprechend handeln würde.“[8]

Eine andere weise Stimme, die bei diesen Treffen laut wurde, war jene des Fra Bonaventura Badoara von Padua, der im Jahr zuvor zum Generaloberen der Augustiner-Eremiten gewählt worden war. Er sagte, den Römern sei es egal, ob der Papst ein Römer oder ein Italiener sei, wichtig sei nur, dass er auf italienischem Boden bleibe. Sie könnten mit jedem gewählten Papst zufrieden sein, ungeachtet seiner Herkunft. Aber sobald er gewählt worden sei, sollten sie Seine Heiligkeit dringend bitten, seinen Sitz in Rom aufzuschlagen. Vor allem aber, so fügte er hinzu, „möchte ich euch dringend bitten, nichts zu tun, nicht einmal zeichenhaft, was als Gewalt oder Druck ausgelegt werden könnte. Denn durch diese Dinge kann die Wahl für ungültig erklärt werden.“[9]

Es ist offensichtlich, dass das Kardinalskollegium dem Erzbischof von Bari nicht feindlich gesinnt war. Sie betrachteten ihn als einen erfahrenen, eloquenten und frommen und (als Untertan der Königin von Neapel) politisch neutralen Prälaten. Aufgrund seines langen Aufenthalts in Avignon sahen ihn die Franzosen beinahe als einen der Ihren an. Alfonso da Vadaterra hatte ihn gegenüber dem Kardinal von Aragon in den höchsten Tönen gerühmt, der ihn aus persönlicher Kenntnis seiner Fähigkeiten als einen geeigneten Kandidaten für das Papstamt betrachtete – doch in einem entscheidenden Punkt weichen ihre Aussagen voneinander ab. Der Einsiedlerbischof erzählt, Pedro de Luna habe ihm gesagt, er habe sich entschlossen, seine Stimme dem Erzbischof von Bari zu geben, weil die Unstimmigkeiten zwischen der französischen und der limousinischen Fraktion es unmöglich machten, ein ultramontanes Mitglied des Heiligen Kollegiums zu wählen. Der Kardinal selbst erklärt, dass er diesen Kurs nur einzuschlagen beabsichtigte, falls die Römer die Väter zwingen sollten, einen Römer oder Italiener zu wählen, und dass er glaubte, die Mehrheit des Heiligen Kollegiums würde die Kandidatur des Kardinals von Viviers favorisieren.[10] Doch ein paar Tage vor dem Konklave teilte Tommaso Petra Fra Raimondo mit, dass beinahe alle Kardinäle übereingekommen seien, den Erzbischof von Bari zu wählen.[11] Dies ist jedoch fraglich. Es gibt aber scheinbar kaum einen Zweifel, dass die französischen und die limousinischen Kardinäle (und wahrscheinlich, wenn auch unsicherer, drei der vier Italiener) die Möglichkeit erwogen hatten, sich auf den Erzbischof von Bari zu einigen, falls sie aufgrund interner Meinungsverschiedenheiten oder des Drucks von außen nicht in der Lage sein sollten, die Wahl ihres eigenen Kandidaten durchzusetzen. Nach Ansicht der Clementiner sollte dieser Kurs nur eingeschlagen werden, wenn sich das Heilige Kollegium in Gefahr befände und nicht in der Lage wäre, eine freie Wahl durchzuführen, während die Urbanisten erklärten, dass die Spaltung zwischen den beiden Fraktionen seine Wahl gesichert hätte, noch bevor das Konklave zusammentrat.

Die Kardinäle zogen am späten Nachmittag des Mittwochs in der Passionswoche, am 7. April, ins Konklave ein. Alle Informationen, die wir über die Geschehnisse haben, stammen aus den eidesstattlichen Erklärungen und Aussagen von Zeitgenossen und Augenzeugen, auch von denen, die an den Ereignissen jener Nacht und des folgenden Tages maßgeblich beteiligt waren. Dennoch ist es unmöglich, die absolute Wahrheit darüber herauszufinden, was zur vorübergehenden Auflösung der katholischen Welt geführt hat. Diese Zeugenaussagen und Erklärungen wurden viele Monate später aufgezeichnet, als auf beiden Seiten die tödlichsten Leidenschaften entfacht waren und die Erinnerungen der Akteure durch das dringende Bedürfnis, ihre eigene Partei im Recht zu sehen, geschärft oder verzerrt wurden. Die klarsten und ausführlichsten Angaben der Zeugen auf Seiten des römischen Klägers werden durch ebenso klare und umfassende Darstellungen der Zeugen auf Seiten von Avignon widerlegt.[12] Der Historiker unserer Tage kann nur nach einer via media Ausschau halten, die sich an den Aussagen der­jenigen Männer orientiert, die aus dem einen oder anderen Grund auf beiden Seiten am wenigsten der bewussten Fälschung verdächtigt werden können.[13]

Eine gewaltige, lautstarke und teilweise bewaffnete Menschenmenge füllte die Piazza und drängte sich um den Vatikan, wobei sie rief: „Gebt uns einen römischen oder wenigstens einen italienischen Papst“, während die Kirchenfürsten, einer nach dem anderen, unter dem Schutz des Senators sich mühsam ihren Weg in den Palast bahnten. Die für das Konklave bestimmten Räume lagen im ersten Stock, aber eine Anzahl von Römern scheint sich nach den Kardinälen und ihren Dienern hineingedrängt zu haben und bevölkerte den Innenhof, wobei sie vermutlich die Drohungen fortsetzten, die auf dem Platz ausgestoßen worden waren. Die Römer hatten Giovanni Cenci, den Kanzler der Stadt, Nardo di Giorgio und andere ihrer Führer beauftragt, das Konklave zu bewachen, während auf Seiten der Kardinäle Guillaume de la Voulte, der Bischof von Marseille, und die Bischöfe von Todi und Tivoli eine ähnliche Funktion innehatten. Bevor das Konklave geschlossen wurde, kamen die Führer der dreizehn Rioni gemeinsam mit anderen Römern zu den Kardinälen und verlangten zunächst respektvoll, dann aber unter Androhung von Konsequenzen im Falle einer Weigerung, dass ein Römer oder Italiener zum Papst gewählt werden solle. Der Kardinal von Florenz als Dekan der Kardinal-Bischöfe antwortete, dass sie das tun würden, was Gott wohlgefällig, der Kirche nützlich und für die Stadt ehrenvoll sei. Aigrefeuille und Orsini, Dekane der Kardinalpriester bzw. Kardinaldiakone, warnten sie, dass jede Intervention die Wahl ungültig machen würde. Die ganze Nacht hindurch herrschte auf der Piazza eine große Unruhe. Den Urbanisten zufolge war es nur ein unbeschwertes Singen und Feiern, dem auch das geringste drohende Element auf wundersame Weise fehlte. Für die Clementiner dagegen war es das Geschrei einer wütenden Meute, die den Kardinälen mit dem Tod drohte, falls ihr Wille nicht erfüllt würde. Beide Seiten schienen sich darüber einig zu sein, dass gegen Mitte der Nacht eine Menge ungehobelter Bauern aus den Bergen in die Keller des Vatikans eindrang, „weil sie den guten Wein des Papstes trinken wollten“. Von Zeit zu Zeit wurden innerhalb und außerhalb des Palastes Rufe wie „Römer oder Italiener“ laut, die bis zu den Kardinälen in ihren Zellen drangen.

Am frühen Morgen des Donnerstags, des 8. April, erzwang sich eine Gruppe von Römern den Weg in den Campanile von St. Peter und läutete die Glocken. Ihnen antwortete die Sturmglocke auf dem Kapitol, die einen stormo ausrief, als wolle sie die Bevölkerung zu den Waffen rufen. Die Kardinäle betraten das Konklave, und Corsini war gerade dabei, eine Ansprache zu halten, als sich erneut das Geschrei erhob und der Bischof von Marseille mit seinen Amtskollegen sie anflehte, keinen Ausländer zu wählen, sonst wären sie alle verloren. Cenci und Nardo versicherten ihnen, dass sie nichts tun könnten. Gegen seinen Willen wurden der Kardinal von Florenz von Aigrefeuille und Orsini zum Fenster geführt, und die beiden letzteren wandten sich an die bewaffnete und tobende Menge und versprachen, dass sie einen Römer oder Italiener zum Papst bekommen würden – wenn sie sich still verhielten und die Kardinäle bei ihren Beratungen in Ruhe ließen.

Es ist unmöglich, mit Sicherheit zu sagen, ob dieses Versprechen, das offensichtlich durch Furcht und Not erpresst wurde, die Kardinäle dazu bewog, das zu tun, was sie im Folgenden taten, oder ob ihre internen Meinungsverschiedenheiten sie bereits zu der Wahl veranlasst hatten, die sie schließlich trafen. Die Kardinäle von Florenz und Limoges schlugen zunächst vor, die Wahl zu verschieben; man befürchtete jedoch, dass dies ein allgemeines Massaker am Heiligen Kollegiums auslösen würde, was nur zu einer völligen Anarchie innerhalb der Kirche führen könnte. „Ich wäre bereit, mein Leben für den Glauben hinzugeben“, sagte Kardinal Lagier, „wenn Gott mir eine solche Gnade erweisen sollte; aber nicht um der Nationalität eines Papstes willen!“ Darauf schlug Orsini, der den Erzbischof von Bari um jeden Preis verhindern wollte, vor, ein Minderbruder solle mit den päpstlichen Gewändern bekleidet und als Papst vorgeführt werden, sodass sie entkommen und anderswo eine freie Wahl abhalten könnten. Dieser Plan wurde vom Kardinal von Limoges und anderen entschieden zurückgewiesen, da er das Volk zum Götzendienst verleite.[14] Es wurde einstimmig beschlossen, das Volk zufriedenzustellen oder wenigstens einen Kurs einzuschlagen, der die Interessen der Kirche mit den Forderungen der Römer in Einklang bringen würde.[15]

Pedro de Luna sah nun die Zeit gekommen, um seinen Plan auszuführen, und schlug informell vor, den Erzbischof von Bari zu wählen. Orisini flüsterte dem Kardinal von Florenz zu, Tebaldeschi vorzuschlagen. Der Kardinal der Bretagne nannte den Kardinal von Mailand, der darauf antwortete, dass er eine solche Wahl nicht annehmen würde, selbst wenn sie ihn zehnmal zum Papst machen wollten. „Habemus pontificem“, rief der Kardinal von Genf, vielleicht ironisch, als er sah, dass der Kandidat von Luna die Mehrheit hatte. Die Kardinäle nahmen ihre Plätze ein, und Aigrefeuille forderte den Kardinal von Florenz als Dekan des Heiligen Kollegiums auf, formell einen Kandidaten vorzuschlagen. Corsini benannte daraufhin den Kardinal von St. Peter, fügte jedoch hinzu (wie er uns berichtet): „Ich würde ein ultramontanes Mitglied des Kollegiums benennen, wenn wir nicht den Römern ein Versprechen gegeben hätten und wenn wir uns nicht vor ihnen fürchten würden.“[16]

Der Kardinal von Limoges, der als nächster an der Reihe war, sagte, dass der Kardinal von St. Peter zu alt sei und seine Wahl ein zu offensichtliches Nachgeben gegenüber dem Geschrei bedeuten würde. Florenz und Mailand seien wegen der Feindseligkeiten beider Städte gegenüber dem Heiligen Stuhl nicht tragbar; Orsini sei zu jung und ein Römer. Er schlug den Herrn Erzbischof von Bari vor. Der Rest stimmte zu, mit einigen Ausnahmen und Vorbehalten. Der Kardinal von Sant‘ Angelo erklärte, er stimme zu, obwohl seine Stimme vergeblich sein würde, weil er der Meinung wäre, die Wahl sei ungültig. Die Kardinäle der Bretagne und von Mailand erklärten, sie würden unter Protest nachgeben, da die anderen einverstanden seien. Kardinal Orsini erklärte, dass er unter diesen Umständen niemandem seine Stimme geben werde, sondern warten wolle, bis er in Freiheit sei. Mehrere Kardinäle, die für den Erzbischof von Bari votierten, fügten die Worte hinzu: ut sit verus papa [damit er ein wahrer Papst sei], offensichtlich um den Vorschlag zurückzuweisen, sie sollten eine fiktive Wahl durchführen.

Nach Kardinal de Lunas eigener Darstellung wollten sie keinen Italiener wählen, sondern hielten den Erzbischof für einen geeigneten Mann, und wenn die Kardinäle, sobald sie in Freiheit wären, zustimmten, würde er wiedergewählt werden. Wenn nicht, gingen sie davon aus, dass er abdanken würde. Er selbst habe sich nicht von Furcht leiten lassen, sondern, da die Kardinäle übereingekommen waren, das Volk zufriedenzustellen, habe er ihn vorgeschlagen und für ihn gestimmt, weil er auf jeden Fall damit zufrieden sei, wenn er Papst werde.[17] Es ist offensichtlich, dass die Kardinäle der Meinung waren, sie hätten ihr Bestes gegeben, obwohl sie möglicherweise unter anderen Umständen eine andere Wahl getroffen hätten. Sie hatten einen gemeinsamen Versuch unternommen, die Römer zufriedenzustellen, ohne dabei die Würde des Heiligen Kollegiums zu kompromittieren. Es ist fraglich, ob zu diesem Zeitpunkt mehr als eine kleine Minderheit unter ihnen dachte, dass die Wahl ungültig sei, obwohl der Kardinal von Glandèves von Anfang an beteuert zu haben scheint, dass er nur aus Angst vor dem Tod so gehandelt habe.

Entweder um Zeit zu gewinnen oder weil der Erzbischof seine Wahl noch nicht angenommen hatte, proklamierten die Kardinäle den neuen Pontifex nicht sofort. Das Lärmen auf der Piazza begann von neuem. Orsini, dessen Aufgabe es war, die Wahl zu verkünden, ging zum Fenster, begleitet von den Kardinälen von Florenz und Genf, während der Bischof von Marseille, der vor Schreck völlig den Kopf verloren hatte, sie inständig bat, einen Römer zu nominieren. „O Römer“, rief Orsini laut in die Menge, „wenn ihr einen Papst, wie ihr ihn wollt, nicht bis zum Abend habt, könnt ihr mich in Stücke hauen“. Ein ohrenbetäubendes Gebrüll „Römer, Römer, wir wollen einen Römer haben“, war die Antwort, die vielleicht teilweise von den Angehörigen der Familie des Kardinals in seinem Interesse angestimmt wurde. Der Erzbischof von Bari selbst, der zusammen mit Agapito Colonna und anderen römischen Prälaten in den Palast gerufen worden war, erschien ebenfalls auf der Bildfläche, anscheinend an einem anderen Fenster, und forderte die Menge auf, Ruhe zu bewahren.[18] Nachdem dies geschehen war, nahmen die Kardinäle eilig eine Mahlzeit ein und kehrten in die Kapelle des Konklaves zurück, um die Veröffentlichung der Wahl zu veranlassen. Obwohl Bartolommeo inzwischen von den Ereignissen wusste, scheint er nicht anwesend gewesen zu sein.

In der Zwischenzeit hatte sich in der Menge das Gerücht verbreitet, dass man sie getäuscht habe, und das Geschrei erhob sich von neuem. Die Kardinäle scheinen auf Betreiben von Tebaldeschi Bartolommeo praktisch nochmals gewählt zu haben. Orsini, der als einziger in Opposition blieb, ging nun zum Fenster und sagte dem Volk, dass der Papst gewählt worden sei: „Geht nach St. Peter.“ Dies wurde so verstanden, als ob er sagen wollte, dass der Kardinal von St. Peter zum Papst gewählt wurde, und man machte sich daran, den Palast von Tebaldeschi zu stürmen. „Nein, nein“, rief einer der französischen Prälaten der Kurie, „Bari, Bari!“ Ein Schrei der Empörung ging durch die Menge, die annahm, dass Jean de Bar, der verhasste Prälat aus dem Limousin und ein Verwandter des verstorbenen Papstes gemeint war. Mit gezückten Schwertern und Äxten drangen die Römer in das Konklave ein und schrien: „Einen Römer, einen Römer, Tod den verräterischen Kardinälen!“ Als sie diesen neuerlichen Sturm über sich hereinbrechen sahen, konnten die unglücklichen Kardinäle – in Unkenntnis des Missverständnisses, das eingetreten war – nur annehmen, dass die Wahl des Erzbischofs von Bari die Römer nicht zufriedengestellt hatte. Einige versuchten vergeblich zu fliehen; die anderen beschlossen, trotz des energischen Protestes von Kardinal de Luna, dem Volk Tebaldeschi als Papst zu präsentieren.

Ungeachtet der Proteste des alten Kardinals ergriffen ihn die Konklavisten, kleideten ihn in die päpstlichen Gewänder und setzten ihn als Souverän auf den Päpstlichen Stuhl, während die Glocken läuteten und das Te Deum angestimmt wurde. Er versuchte sich zu wehren, wurde aber vom Kardinal von Marmoutier und vom Kardinal der Bretagne gewaltsam niedergehalten, während in dem ohrenbetäubenden Tumult, als die Römer eindrangen, sein schwacher Erklärungsversuch, er sei nicht der Papst, ungehört blieb oder lediglich als Ausdruck der Demut aufgefasst wurde. Sie ergriffen ihn und inthronisierten ihn vor dem Altar. Prälaten und Volk knieten gleichermaßen nieder, um seine Füße zu küssen, und bejubelten ihn als den Stellvertreter Christi. Der Druck der unwillkommenen Verehrer, der zu den Qualen, die er ohnehin schon durch die Gicht litt, noch hinzukam, war so groß, dass der arme alte Mann wild gegen Antipäpste und Teufel zu schimpfen begann und die Römer verfluchte, die seinen apostolischen Segen erflehten. Nach einigen Stunden wurde er mehr tot als lebendig im Triumph in die päpstlichen Gemächer gebracht und dort in Frieden gelassen.[19]

Währenddessen flüchteten die Kardinäle, so gut sie konnten, aus dem Palast. Aigrefeuille, Pierre de Vergne, Viviers, Poitiers und Limoges nahmen Zuflucht im Kastell Sant‘ Angelo, wo sich ihnen später der Kardinal der Bretagne anschloss, dessen Haus geplündert und er selbst grob behandelt worden war. Die Kardinäle von Florenz, Mailand und Marmoutier gelangten sicher in ihre eigenen Häuser. Robert von Genf, Noellet, Orsini und Flandrin flohen aus der Stadt. Der letzte, der die Kapelle verließ, war Pedro de Luna, begleitet von seinem Konklavisten, dem Dekan von Tarascon, Fernando Perez, der berichtete, dass der Kardinal während des ganzen Aufruhrs die Wut des Volkes zurechtgewiesen und gebändigt habe. Einige Römer begleiteten sie auf ihrem Weg, und als sie an Sant‘ Angelo vorbeikamen, hielten die Franzosen sie für Gefangene und versuchten, sie zu befreien. Nachdem der Kardinal die Brücke überquert hatte, wurde er von der Bevölkerung mit allem Respekt behandelt.[20]

Alfonso da Vadaterra, der ihn nach seiner Rückkehr aus dem Konklave besuchte, fand ihn umringt von Römern, die ihn begleitet hatten, „totus laetus et hilaris – ganz heiter und fröhlich“, wobei er noch immer (so versichert jener) an der Fiktion festhielt, dass Tebaldeschi der richtige Papst sei. Als er jedoch mit Alfonso und Fernando Perez allein gelassen wurde, erklärte er, dass auf sein Betreiben der Erzbischof von Bari einstimmig als wahrer Papst gewählt und der Kardinal von St. Peter lediglich aus Furcht vor dem Volk inthronisiert worden sei.[21] Er sagte ihm auch, dass der neue Papst sich aus Angst versteckt habe – was der Kardinal zwar geglaubt haben mag, aber keineswegs der Fall war.

Bartolommeo Prignano war im Vatikan geblieben, zusammen mit Kardinal Tebaldeschi und einigen italienischen Prälaten. Er hatte zwar keine offizielle Bestätigung seiner Wahl erhalten, aber Giovanni Cenci und die Bandaresi hatten ihn bereits als Papst begrüßt und waren eifrig dabei, die Gemüter der Römer zu besänftigen. Der Sturm hatte sich tatsächlich völlig gelegt, und am nächsten Morgen, Freitag, dem 9. April, war Rom in Frieden. Tommaso Petra berichtet uns, dass Alfonso da Vadaterra bei Tagesanbruch im Namen des Kardinals de Luna zu ihm geschickt und ihn gebeten hätte, gleich zu Bartolommeo zu gehen und ihm vom Kardinal zu versichern, dass er so gewiss Papst sei wie der heilige Petrus und dass er von einflussreichen Personen das Versprechen hinsichtlich eines sicheren Ortes und einer ausreichenden Anzahl bewaffneter Männer erhalten habe, die ihn dorthin bringen würden, wo immer er wolle. Darauf antwortete Bartolommeo, er fürchte sich nicht, und es gäbe keine Notwendigkeit für ein solches Angebot, denn er wünschte seinen Kindern in Freiheit zu begegnen und habe keine Absicht, sie zu verlassen, aber er danke dem Kardinal für seine Umsicht.[22]

Der Kardinal hatte die Situation falsch eingeschätzt: Der neue Papst und die Vertreter des römischen Volkes waren sich einig gegen eine derartige Intervention. Entweder aus freien Stücken oder unter dem Druck von Cenci und den Bandaresi kamen alle Kardinäle, die in der Stadt geblieben waren, in den Vatikan, gefolgt (nach einigen Verhandlungen und Ausweichversuchen) von den sechs, die sich nach Sant‘ Angelo geflüchtet hatten. Als Pedro de Luna eintraf, sagte Bartolommeo, er wolle nicht getäuscht werden, und forderte ihn auf, ihm zu sagen, ob er nach seinem Verständnis rechtmäßig gewählt worden sei, was der Kardinal bejahte. Die Kardinäle zogen sich in die Kapelle zurück und riefen unverzüglich Bartolommeo herein und teilten ihm durch den Kardinal von Florenz mündlich mit, dass sie ihn zum Papst gewählt hätten. „Ich bin nicht würdig“, war seine Antwort, „aber ich werde Gottes Willen nicht widersprechen: Ich nehme an.“[23] Er wurde sofort in die päpstlichen Gewänder gekleidet und vor dem Altar inthronisiert. Das Te Deum wurde gesungen. Die Türen wurden geöffnet, damit Klerus und Laien ihm ihre Ehrerbietung erweisen konnten, während Kardinal de Vergne in Abwesenheit von Orsini von einem Fenster des Palastes aus dem Volk die Wahl von Papst Urban VI. feierlich verkündete.

„Durch die Güte und den Eifer des römischen Volkes“, schrieb der Vertreter Mantuas, Cristoforo da Piazenca, an seinen Herrn, „haben die Herren Kardinäle den Herrn Bartolommeo, Erzbischof von Bari, zum Papst gewählt, einen Mann, mit dem die heilige Kirche Gottes zweifellos gut bestellt ist.“ „Ich bin gewiss, dass die heilige Kirche Gottes gut regiert werden wird, und ich wage zu sagen, dass sie seit mehr als hundert Jahren keinen solchen Hirten mehr gehabt hat. Denn er hat keine Verwandtschaft, ist eng befreundet mit der Königin, erfahren in weltlichen Angelegenheiten, klug und umsichtig. Alle Römer ohne Ausnahme sind überglücklich um der Stadt willen, die ihren Bräutigam zurückgewonnen hat.“[24]

Im Laufe der Karwoche kehrten die Kardinäle, die aus Rom geflohen waren, zurück. Am Ostersonntag, dem 18. April, wurde Urban von Kardinal Orsini vor dem Petersdom „mit größter Feierlichkeit und Andacht“ gekrönt und zog in einer Prozession mit den Kardinälen, die alle auf weißen Pferden ritten, in den Lateran ein. Die Kardinäle baten ihn um Gnaden und Vergünstigungen – geistliche und zeitliche, für sich selbst und ihre Verwandten und Freunde –, und behandelten ihn in jeder Hinsicht als rechtmäßigen Papst. In diesem Sinn verkündeten sie seine Wahl den Kardinälen in Avignon, dem Kaiser und den anderen Fürsten der Christenheit; aber es kann durchaus sein, dass sie dies nur aus Gehorsam gegenüber Urbans Befehlen taten, und in mehreren Fällen scheinen sie ihren Briefen die geheime Botschaft beigefügt zu haben, dass man den offiziellen Berichten über die Wahl kein unbedingtes Vertrauen schenken sollte.

Die merkwürdige Situation hatte das Gewissen vieler in der Stadt beunruhigt, aber der Kardinal von Genf und der Kardinal von Mailand scheinen die einzigen Mitglieder des Kollegiums gewesen zu sein, die offen Zweifel an Urbans Titel äußerten. Die anderen scheinen – zumindest in der Kar- und Osterwoche – auf Befragen stets geantwortet zu haben, dass Urban ein ebenso wahrer Papst sei wie der heilige Petrus bzw. eine ähnliche Aussage gemacht zu haben.[25] Francesco Casini machte Kardinal Orsini gegenüber die Andeutung, dass es einige gäbe, die sagten, er sei nicht Papst. „Hör auf damit, du Teufel“, antwortete dieser energische Kirchenfürst, „wer so etwas behauptet, der lügt nach Strich und Faden. Er ist genauso sehr Papst, wie Ihr Doktor der Medizin seid.“[26] Die Kardinäle erklärten später, dass sie immer noch Angst vor der römischen Bevölkerung hätten, dass sie von Urbans Spionen umgeben seien und unter Zwang handelten; man erzählte sich seltsame Geschichten von ultramontanen Karmeliten und Augustinern, die von ihren italienischen Mitbrüdern schlecht behandelt worden waren, weil sie die Gültigkeit der Wahl in Frage gestellt hatten.[27] Dennoch ist es sehr wahrscheinlich, dass die Kardinäle, egal ob kanonisch korrekt oder nicht, die Situation akzeptiert hätten, wäre da nicht das Verhalten Urbans gewesen.

Urban trat das Pontifikat mit einem tiefen und kompromisslosen Hass auf die Korruption der Kurie und einem Eifer für die Erneuerung der Kirche an, aber mit einer taktlosen Heftigkeit, die nur aus der Vermutung erklärt werden kann, dass ihm die Wahl den Kopf verdreht hatte. Er begnügte sich nicht damit, Bestimmungen gegen die Simonie durchzusetzen und den Luxus in den Haushalten der Kardinäle einzudämmen, sondern er beschimpfte und beleidigte die einzelnen Mitglieder des Heiligen Kollegiums und kündigte an, er würde sie durch die Ernennung weiterer Italiener und Römer entbehrlich machen. Er wetterte in der Öffentlichkeit gegen sie, nannte den einen einen Dummkopf, den anderen einen Lügner, einen dritten hieß er den Mund halten. Er sprang von seinem Sessel auf, um den Kardinal von Limoges zu attackieren, und es wäre zu einer schändlichen Schlägerei gekommen, wenn der Kardinal von Genf nicht eingegriffen hätte.

Am Weißen Sonntag, dem 25. April, traf der Kardinal von Amiens in Rom ein, wütend über seine Kollegen, die einen Italiener gewählt hatten, und äußerte offen seine Zweifel an der Gültigkeit der Wahl. Im päpstlichen Palast kam es zu einer heftigen Szene. Urban erklärte, der Kardinal habe durch seine verräterische Diplomatie den Frieden der Welt zerstört. Der Kardinal erwiderte scharf, wenn sein Beschuldiger noch der Erzbischof von Bari wäre, würde er ihm sagen, dass er wie gedruckt lüge. Das Betragen Urbans war derart, dass selbst seine heilsamen Maßnahmen zur Reform – die Aufforderung an die Kardinäle, ihre Titularkirchen instand zu setzen und dort zu residieren, an die Bischöfe, an ihren Sitz zurückzukehren, und Ähnliches – den Charakter wohl überlegter Beleidigungen anzunehmen schienen.

Auch die Laien blieben nicht verschont. Hohe Adelige aus Apulien und Barone aus der Campagna fanden sich zurechtgewiesen, und ihre Petitionen wurden abgelehnt. Fra Gonsalvo, der wegen Ordensangelegenheiten während des Konklaves nicht in der Stadt war, berichtet, dass er in Gaeta Neapolitaner traf, die aus Rom zurückkehrten und sich über das Verhalten des neuen Pontifex empörten, der die Leute mit Schimpf und Schande von sich stieß, „Adelige und Magnaten ebenso wie ehrwürdige Kleriker und Ordensleute“. Unter den Mönchen gab es darüber viele Diskussionen, aber die vorherrschende Meinung war, dass es gerecht sei und den Beginn einer heiligen Zeit markiere, wenn sich Menschen mit schlechter Lebensführung durch die Worte des Papstes verstört fühlten, denn diese Personen „würden es nicht wagen, sich in die Gegenwart Christi, des Erforschers der Herzen, zu begeben“.[28] Andrea di Piero Gambacorti, der ihn im Namen seines Vaters beglückwünscht hatte, kehrte mit einem ähnlichen Bericht über sein Verhalten nach Pisa zurück. „Nach dem, was er sagt“, schrieb der Prior von Gorgona an Caterina, „ist unser Heiliger Vater ein schrecklicher Mann und ängstigt die Leute sehr durch sein Verhalten und seine Worte. Er scheint ein großes Gottvertrauen zu haben, weshalb er niemanden auf der Welt fürchtet, und er ist offensichtlich bestrebt, die Simonie und die große Verschwendungssucht abzuschaffen, die innerhalb der Kirche Gottes herrschen.“[29] Aber Urban beschränkte seinen Zorn nicht nur auf Übeltäter: Auch die „Diener der Kirche“ bekamen ihren Teil ab, wenn sie unangenehme Wahrheiten aussprachen. Wir besitzen noch Caterinas Entschuldigungsschreiben für Fra Bartolommeo di Domenico, der „durch sein fehlerhaftes Verhalten und sein skrupulöses Gewissen“ den Zorn ihres „süßen Christus auf Erden“ auf sich gezogen hatte.[30]

Die Anwesenheit des Kardinals von Amiens in Rom scheint die Dinge auf die Spitze getrieben zu haben. Angeführt von ihm und Robert von Genf beschlossen die Kardinäle, jene Waffe gegen Urban einzusetzen, die ihnen durch die Unregelmäßigkeit seiner Wahl in die Hände gespielt worden war. Urban hatte Onorato Gaetani, den Grafen von Fondi, tödlich beleidigt, indem er ihm die Herrschaft über die Campagna entzog und sich weigerte, ein großes Darlehen zurückzuzahlen, das jener dem Heiligen Stuhl gewährt hatte. Amiens brachte ihn dazu, mit den Kardinälen gemeinsame Sache zu machen; gleichzeitig ermutigte er zusammen mit dem Kardinal von Genf heimlich Pierre Gandelin und Pierre Rostaing, die trotz der Versprechungen Urbans und der Drohungen der Römer noch immer die Engelsburg hielten, diese nicht dem Papst zu überlassen. Nachdem dies geschehen war, verließen die ultramontanen Kardinäle nach und nach Rom unter dem Vorwand, die Hitze vermeiden zu wollen, einige mit, andere ohne Urbans Erlaubnis, und machten sich auf den Weg nach Anagni (das der verstorbene Papst als Sommerresidenz der Kurie bestimmt hatte), zusammen mit vielen anderen Prälaten des Hofes und dem Kämmerer Pierre de Cros, der die Tiara Gregors XI. und den größten Teil der päpstlichen Juwelen mitnahm. Die ersten, die sich auf den Weg machten, waren die Kardinäle von Aigrefeuille und Poitiers, die am 6. Mai abreisten; der letzte war Pedro de Luna, der bis etwa zum 24. Juni in Rom blieb.

Die Position des Kardinals von Aragon war merkwürdig. Er musste sich darüber im Klaren sein, dass die Wahl von den meisten Geistlichen als sein Werk angesehen wurde und dass sie alle von ihm erwarteten, er würde den Papst bei der Erneuerung der Kirche unterstützen. Es ist offenkundig, dass es ihm widerstrebte, mit Urban zu brechen oder irgendwelche Schritte gegen die Einheit der Christenheit zu unternehmen. Als Fra Gonsalvo im Juni nach Rom zurückkehrte, traf er ihn in Santa Maria in Cosmedin, seiner Titularkirche, wo er im Gehorsam gegen das päpstliche Dekret seinen Sitz aufgeschlagen hatte. Allein mit dem Kardinal (dessen Beichtvater er war), bat ihn der Mönch, ihm die Wahrheit über die Gerüchte zu sagen, die sich über die Wahl Urbans verbreiteten, worauf dieser antwortete, dass man ihn im guten Glauben gewählt habe, dass aber sein Verhalten seitdem unerträglich gewesen sei.[31] Nach Aussagen von Alfonso da Vadaterra beklagte er – Luna – sich auch über Urbans Undank. „Die anderen ultramontanen Kardinäle sind alle nach Anagni gegangen“, sagte er, als sie zusammen in seinem Garten spazieren gingen, „und warum sollte ich hier bei unserem Herrn zurückbleiben, wenn er mir keine meiner Bitten genehmigen will?“ Schließlich entschloss er sich, ihnen zu folgen, obwohl Alfonso ihn anflehte, nicht zu gehen. „Er sagte mir“, berichtet der Einsiedler-Bischof, „dass er in seinem Gewissen unseren Herrn als den wahren Papst ansehe, dass er aber, wenn er nach Anagni ginge, dies tun würde, um die Bosheit und den Aufruhr der französischen Kardinäle zu verhindern, die eine ganz und gar böse und rachsüchtige Absicht gegen ihn hegten; und dass er glaubte, unserem Herrn Papst dort besser dienen zu können, als wenn er bei ihm in Rom bliebe. Und ich glaube gewiss, dass er mit dieser guten Absicht ging. Er wollte die anderen in Anagni fangen, wurde aber leider selbst gefangen, woran ich nicht ohne tief empfundenen Kummer erinnern kann.“[32]

Urban hegte zunächst keinen Verdacht bezüglich der Absichten der Kardinäle und sprach sogar davon, sich ihnen in Anagni anzuschließen. Nun aber war er alarmiert, als er hörte, dass sie sich gegen ihn verschworen hatten und behaupteten, er sei nicht der Papst, und er forderte sie auf, innerhalb einer bestimmten Frist bei ihm in Tivoli zu erscheinen, wohin er sich am 27. Juni in Begleitung von Kardinal Tebaldeschi begeben hatte. „Ich weiß nicht, was geschehen wird“, schrieb Cristoforo da Piacenza mit heiterem Optimismus an Lodovico Gonzaga, „aber es ist zu hoffen, dass alles friedlich geregelt werden wird.“[33] Urban hatte zuvor die drei anderen Italiener – Corsini, Brossano und Orsini – nach Anagni geschickt, um die Kardinäle seiner guten Absichten zu versichern und ihnen „viele Gunstbezeugungen und Vorteile für sich und ihre Verwandten anzubieten und mehr für sie tun, als je ein römischer Papst getan hat“. In der Öffentlichkeit zeigten sich die französischen Kardinäle erstaunt, dass Urban solchen Berichten über ihre Absichten Glauben schenken sollte. Aber unter vier Augen erklärten sie ihren italienischen Kollegen, dass sie den Apostolischen Stuhl als vakant betrachteten, und forderten sie auf, bei ihnen zu bleiben. Die drei kehrten jedoch zu Urban zurück, ohne etwas ausgerichtet zu haben.[34] Eine Zeit lang fuhren die Kardinäle damit fort, Urban als Papst anzuschreiben und ihn als solchen zu behandeln. Aber das war nur ein Mittel, um Zeit zu gewinnen. Auf Befehl des Kämmerers, Pierre de Cros, marschierten die bretonischen und gascognerischen Söldner unter Bernardon de la Salle zur Verteidigung des Heiligen Kollegiums von Viterbo nach Anagni und kamen dabei auf ihrem Weg in Sichtweite von Rom. Am 16. Juli versuchten die Truppen der Römischen Republik ihnen an der Ponte Salario den Durchmarsch zu versperren, wurden aber unter dem Verlust von mehreren hundert Gefallenen zurückgeschlagen. Die wütende römische Bevölkerung rächte sich mit einem Massaker an allen ausländischen Priestern und Laien, die ihnen in die Hände fielen. Die Kardinäle erklärten nun offen, dass die Wahl Urbans wegen des ausgeübten Zwangs der Römer null und nichtig sei und riefen am 20. Juli ihre italienischen Kollegen auf, innerhalb von fünf Tagen zu ihnen nach Anagni zu kommen. Am 27. Juli schrieb Marsile d’Inghen, der die Interessen der Universität von Paris am päpstlichen Hof vertrat, von Tivoli aus an den Rektor und die führenden Köpfe der Universität, dass ein Schisma der Kirche unmittelbar bevorstünde, und bat um Instruktionen, wie er sich unter diesen Umständen verhalten solle.[35]

Dass das Heilige Kollegium den Bruch so lange hinauszögerte, war zum Teil auf den Widerstand von Pedro de Luna zurückzuführen. „Mein Herr von Genf sagt, dass ich zu gewissenhaft bin“, sagte er zu Alvarez Martinez, einem Spanier, der der Kurie angehörte. „Ich möchte auf jeden Fall sehen und klar erkennen, wo das Recht liegt. Denn ich versichere Euch, wenn ich jetzt mit ihnen einig wäre und später in Avignon herausfände, dass dieser Mann mit Recht der wahre Papst ist, so würde ich sogar barfuß zu ihm gehen, wenn ich nicht anders könnte.“[36] Aber schließlich schrieb er, offenbar durch die Argumente seiner Kollegen aufrichtig bekehrt, an Fra Gonsalvo in Rom und bat ihn, in einer dringenden Angelegenheit zu ihm zu kommen.

„Ich habe nach Euch geschickt“, begann er, als der Mönch eintraf, „damit Ihr meine Beichte hört und ich durch Eure Anwesenheit getröstet werde. Aber ich muss Euch zuerst fragen, ob Ihr glaubt, dass der Mann in Tivoli der Papst ist, denn in diesem Fall könnt Ihr mir wohl keine Absolution erteilen.“ „O heilige Muttergottes!“, rief der Dominikaner aus, „was bedeutet das? Glaubt nicht, mein Herr Kardinal, dass die Worte, die Ihr mir in Rom so oft im gegenteiligen Sinn gesagt habt, mit Wasser geschrieben sind. Was wollt Ihr nun auf das antworten, was Ihr mir damals selbst so freimütig erzählt habt, als Eurem treuen Sohn, Eurem Freund, Eurem Landsmann?“ Der Kardinal zeigte sich einigermaßen beschämt und gab zu, dass er in der Absicht nach Anagni gekommen war, seine Kollegen mit Urban zu versöhnen, erklärte aber, er sei nun überzeugt, dass dieser nicht der Papst sei. Auf Gonsalvos Entgegnung, dass sie alle vom Teufel verführt worden seien, antwortete der Kardinal „ganz bescheiden, dass das möglich sei, denn er sei nur ein Mensch“. Er gab zu, dass – wäre nicht Urbans Verhalten – sie immer noch zu ihm gehalten hätten und erklärte, dass er ein Schisma befürchte. Um dies zu vermeiden, bat er Gonsalvo, den Papst zu einem spontanen Amtsverzicht aufzufordern, damit sie zu einer freien Wahl übergehen könnten. Gonsalvo nahm – „um der Schlinge zu entkommen, in die ich geraten war“– den Auftrag an, und der Kardinal beglich seine Kosten für die Rückreise nach Rom.[37]

Hier traf er Urban in S. Maria Maggiore, wohin er Anfang August aus Tivoli zurückgekehrt war, nachdem er den Frieden mit den Florentinern unterzeichnet hatte. Tebaldeschi war der einzige Kardinal in Rom – die drei anderen Italiener waren Ende Juli nach Vicovaro und von dort nach Palestrina gegangen, wo sie vorgeblich mit dem Heiligen Kollegium im Auftrag Urbans verhandeln wollten, in Wahrheit aber neutral zu bleiben gedachten. „Ich ging zu unserem Herrn, dem Papst“, schreibt Gonsalvo, „und nachdem ich ihm meine Botschaft betreffend seine Abdankung überbracht hatte, forderte ich ihn auf, die aufrührerischen Heerscharen des Teufels, die sich gegen ihn versammelt hatten, in Gottes Namen zu zerstreuen und auf die Hilfe Gottes und aller Heiligen zu zählen. Er aber, wie ein Soldat, der endlich eine Nachricht erhält, dass der lang ersehnte Krieg feststeht, jubelte und antwortete mir voller Freude: ‚So wahr mir Gott helfe, es würde mich wenig bekümmern, das Papstamt niederzulegen. Aber ich werde nicht zurücktreten, um dem Teufel Platz zu machen und die Sünder frohlocken zu lassen. Nein, ich werde ausharren und sie im Namen des Herrn, unseres Gottes, niederwerfen.‘“[38]

In der Zwischenzeit waren die Kardinäle von Genf, Poitiers und Sant‘ Eustachio von ihren Kollegen nach Palestrina gesandt worden, um die drei Italiener zu veranlassen, nach Anagni zu kommen – jedoch ohne Ergebnis. Sie beschlossen nun, ohne sie zu handeln. Am 9. August zogen dreizehn Kardinäle feierlich in die Kathedrale von Anagni ein. Nachdem die Messe zu Ehren des Heiligen Geistes gefeiert worden war, predigte Jacopo d’Itri, der Patriarch von Konstantinopel, über den Text: In te oculi respiciunt totius Israel, ut indices eis quis sedere debeat in solio tuo.[39] Die Erzählung von der Usurpation des Königreichs durch Adonija, den Sohn Haggits, sei ein Bild für den gegenwärtigen Zustand der Kirche. „Lasst uns die Augen unseres Herzens auf unsere Königin, die glorreiche Jungfrau, richten, damit sie sich herablassen möge, unsere Sache in Gegenwart des Königs, ihres Sohnes, zu verteidigen. Die Schafe der Weide Christi irren auf steilen und gewundenen Wegen umher, wie Herden, die keinen Hirten haben. Der, der sich den Namen des Hirten anmaßt, ist nicht der Hirte, denn er ist nicht durch die Tür in den Schafstall gekommen. Der, dem die Schafe nicht gehören, kümmert sich nicht darum, sie vor den eindringenden Wölfen, vor den brüllenden Löwen zu bewahren, die sie verschlingen wollen. Sprecht, wir flehen Euch an, o Königin, zum König: Mein einziger Sohn und mein Herr, der du dein Leben für alle diese hingegeben hast, der du sie mit deinem teuren Blut erkauft hast, um sie am Tag des Gerichtes zu deiner Rechten zu setzen: Du, der Wagenlenker und der Wagen Israels, befreie sie vom Verderber und setze einen Herrscher und Hirten über sie. Anstelle Adonijas, der sich in seinem Stolz überhoben hat, setze über sie einen sanftmütigen und friedfertigen Salomon ein.“[40] Daraufhin wurde ein von allen in Anagni anwesenden Kardinälen unterzeichnetes Rundschreiben verlesen, in dem sie das Eindringen des früheren Erzbischofs von Bari in das Papstamt anprangerten und erklärten, dass sie ihn nur gewählt hätten, um der Todesgefahr zu entkommen, und ihn als Antipapst, als Betrüger und Zerstörer der Christen verurteilten. Zuvor hatten sie einen Brief mit ähnlichem Wortlaut an ihn gerichtet und ihn aufgefordert, „angesichts der Fülle der Barmherzigkeit Jesu Christi, in dessen Kirche und Braut du dich nicht geschämt hast einzudringen“, seine angemaßte Würde niederzulegen und durch wahre Reue nach Besserung zu streben.[41] Am 27. August begab sich das Heilige Kollegium aus Gründen der Sicherheit von Anagni nach Fondi, um unter dem Schutz von Onorato Gaetani eine neue Wahl abzuhalten.

Die drei italienischen Kardinäle hielten sich nun in Subiaco auf, wo sie mit beiden Seiten durch Briefe und Boten in Verbindung blieben und, wie sie später erklärten, sich bemühten, „die Kirche von Ärgernis und Spaltung zu befreien und ihr Frieden und Einigkeit zu schenken“. Schließlich schrieben sie am 4. September von Suessa aus an Urban, dass sie im Begriff seien, Maßnahmen zu ergreifen, und die Antwort der anderen Kardinäle erwarteten, um zu wissen, wie sie vorgehen sollten. Kurze Zeit später trafen sie mit dem Heiligen Kollegium in Fondi zusammen. Es gibt einige Hinweise, sowohl aus clementinischen wie aus urbanistischen Quellen, dass jeder der drei glaubte, dass er selbst der neue Papst werden würde.[42]

In der Zwischenzeit starb Francesco Tebaldeschi, der letzte Kardinal, der Urban die Treue hielt, am 6. September in Rom. Eine letztwillige Erklärung wurde vorgezeigt, die angeblich von ihm stammte und aus der hervorging, dass er in der Überzeugung starb, Urban VI. sei rechtmäßig und kanonisch zum Papst gewählt worden. Es scheint sicher, dass dies seine Überzeugung war, aber keineswegs unwahrscheinlich, dass das Dokument im Interesse Urbans gefälscht wurde.[43] Der römische Pontifex war nun allein.

Königin Johanna hatte die erste Nachricht von der Erhebung ihres Untertanen in das Papstamt mit allergrößter Freude aufgenommen und nach dem Gefecht auf der Ponte Salario eine Truppe nach Tivoli geschickt, um seine Person zu schützen. Doch Ende August wandte sie sich gegen Urban – sei es, weil er ihren Gatten Otto beleidigt hatte, sei es, weil sie von ihrem Kanzler Niccolò Spinelli, mit dem der Papst in Streit geraten war, dazu verleitet wurde, oder weil sie tatsächlich von der Erklärung des Heiligen Kollegiums beeindruckt war – und sandte den Grafen von Caserta zusammen mit Niccolò Spinelli als ihre Vertreter nach Fondi.[44] Unterstützt – wenn nicht sogar ursprünglich von ihm vorgeschlagen –wurde sie in diesem Vorgehen durch einen Brief des Königs von Frankreich.

Anfang April hatten der Kardinal von Amiens und Pierre de Cros den König davor gewarnt, den offiziellen Berichten über die Wahl zu vertrauen. Im Mai, einen Monat nach dem Ereignis, hatte Urban Karl mit Verspätung seine Erhebung durch zwei Gesandte mitgeteilt, die im Juni in Paris eintrafen: Cecco Tortelli, ein neapolitanischer Ritter, und Pierre de Murles, ein Verwandter des Kardinals d’Aigrefeuille. Ersterer war seinem Landsmann treu ergeben. Letzterer hatte heimlich eine rivalisierende Mission vom Kämmerer und den französischen Kardinälen angenommen. Während er vorgeblich als Abgesandter des Papstes auftrat und Urbans rechtmäßige Wahl bestätigte, warnte er den König im Vertrauen, dass dies nicht die ganze Wahrheit sei, und schilderte anschaulich die Gewalt, der das Heilige Kollegium ausgesetzt gewesen war.[45] Nicht ohne Grund erklärte Karl, dass er weitere Berichte abwarten müsse, ehe er in der Anerkennung des neuen Papstes weitere Schritte unternehmen könne.

In Avignon selbst gab es geteilte Lager: Zwei der sechs Kardinäle, Anglico de Grimoard (wie aus seinem früheren Werdegang auch zu erwartet war) und der Kardinal von Pamplona, waren nicht bereit, dem Mann, den ihre Kollegen in Rom zunächst als Papst verkündet hatten, ihre Loyalität zu verweigern, und sie forderten sogar schriftlich die Hüter von Sant‘ Angelo auf, sich zu ergeben. Doch im August kam ein Franziskanermönch, der Beichtvater der französischen Königin gewesen war, aus Anagni mit der formellen Erklärung hinsichtlich der Ungültigkeit von Urbans Wahl. Karl nahm sie an und schrieb an die Königin von Neapel, dass er sie des Beifalls der Welt und seiner persönlichen Dankbarkeit versichere, wenn sie sich auf die Seite der Kardinäle stellen und die Kirche verteidigen würde.[46] Wenig später trafen der Bischof von Famagusta und Fra Niccolò da San Saturnino, der dominikanische Verwalter des Heiligen Palastes, auf ihrem Weg nach Paris in Avignon ein, mit Briefen an den König, das Parlament und die Universität. Die sechs Kardinäle machten nun endgültig gemeinsame Sache mit ihren Kollegen. Am 13. September beschloss die Generalversammlung des französischen Klerus in Paris, dass weitere Informationen erforderlich seien, und riet dem König, sich auf nichts einzulassen. Dieser hatte sich jedoch bereits entschieden; er hatte den Kardinälen in Fondi seine Hilfe angeboten, und es besteht kaum ein Zweifel daran, dass der zweite Anwärter auf das Papstamt, auch wenn er sich zunächst nicht öffentlich dazu bekannte, mit Fug und Recht behaupten konnte, den päpstlichen Titel mit dessen voller Zustimmung angenommen zu haben, cum tuo suffragio, wie er einige Monate später schrieb.[47]

Das neue Konklave wurde am 20. September im Palast des Grafen von Fondi abgehalten. Die drei Italiener wollten, dass die Wahl durch einen Kompromiss zustande kommen sollte, indem sie in die Hände von sechs Kardinälen gelegt würde, sie als drei davon eingeschlossen. Das wurde abgelehnt. Kardinal Corsini hätte als Dekan des Heiligen Kollegiums einen Kandidaten vorschlagen sollen, aber er entschuldigte sich. Daraufhin schlug der Kardinal von Limoges den Kardinal von Genf vor, der einstimmig gewählt wurde. Die drei Italiener enthielten sich der Stimme, erhoben aber keinen Einspruch. Pedro de Luna zufolge erklärten sie, dass sie wegen der Gefahr, die andernfalls ihren Verwandten und ihrem Besitz drohe, so handeln würden; er selbst glaubte allerdings, dass sie mit dem Ergebnis unzufrieden waren.[48] Am folgenden Tag wurde Robert von Genf als Clemens VII. zum Papst proklamiert und am 31. Oktober in der Kathedrale von Fondi feierlich gekrönt.

Der neue Oberhirte wurde am 13. Oktober in Avignon bekannt gegeben, aber der König von Frankreich zögerte den endgültigen Schritt noch bis zum 16. November hinaus. Erst dann erklärte er auf Empfehlung eines in Vincennes versammelten Rates, dass er Clemens VII. als rechtmäßigen Papst anerkenne.

Doch sein Bruder war ihm zuvorgekommen. Ludwig von Anjou, der immer davon träumte, dem großen Karl seines Hauses, der Neapel erobert hatte, nachzueifern, stimmte dem ersten Aufruf des Heiligen Kollegiums zu, der ihm von Jean de Bar übermittelt wurde. Er lieh den Kardinälen große Geldsummen, erklärte, dass der Graf von Fondi der Anker sei, den Christus zur Rettung des Bootes des heiligen Petrus bestimmt habe, begrüßte die Wahl Clemens‘ als die Erhebung eines persönlichen Freundes[49] und legte ihm sein Schwert und seine Macht zu Füßen – in dem Bewusstsein, dass er, wie sich bald zeigen sollte, eine beträchtliche Belohnung dafür erhalten würde.

Bereits zuvor hatte Königin Johanna den Erzbischof von Cosenza gesandt, um Clemens zu seiner Wahl zu gratulieren, und eine illustre Gesandtschaft der Vornehmsten ihres Reiches, um bei der Krönung zu assistieren. Doch erst am 20. November (vier Tage nach dem König von Frankreich) gab sie ihre feierliche Erklärung zu seinen Gunsten ab. Gleichzeitig ordnete sie die Verhaftung aller Abgesandten der Urbanisten an und zahlte Clemens die 64.000 Florinen, die sie dem Papst als Tribut an den Heiligen Stuhl schuldete.[50] Das übrige Italien hielt – mit Ausnahme von Savoyen, Piemont und Monferrato – zu Urban, und Coluccio Salutati konnte offen im Namen der Republik von Florenz dieselben feurigen Reden gegen die clementinischen Kardinäle halten, die er zuvor gegen Urbans Vorgänger im Papstamt geführt hatte. Nur wenige Feudalherren, wie Francesco di Vico, der Tyrann von Viterbo und Titular-Präfekt von Rom, stellten sich offen gegen den römischen Anwärter, obwohl Gian Galeazzo Visconti – der im August die Nachfolge seines Vaters Galeazzo als Herr von Pavia angetreten hatte, mit einer Schwester des französischen Königs verheiratet war und vermutlich bereits die Vereinigung des gesamten Mailänder Herrschaftsgebietes in seiner Person ins Auge fasste –, insgeheim mit Ludwig von Anjou und den clementinischen Führern in Kontakt stand.

Von Beginn an hatte Kaiser Karl IV. Urban als rechtmäßigen Papst anerkannt und unterstützte vehement seine Sache. Als er im November 1378 starb, beauftragte er seinen Sohn und Nachfolger Wenzel (den Urban nach langem Zögern am 26. Juli in Tivoli als König der Römer anerkannt hatte), denselben Kurs zu verfolgen. Aber er hatte nicht ganz Deutschland hinter sich. Die Herzöge von Bayern, Luxemburg (der Bruder des Kaisers) und Lothringen, der Erzbischof von Mainz und ganz allgemein jene Fürsten des Reiches, die in engerem Kontakt mit Frankreich standen, sprachen sich für Clemens aus. Die Feindseligkeit gegenüber Frankreich veranlasste die Berater Richards II. dazu, so entschieden an Urban festzuhalten, dass sie sich weigerten, die andere Seite anzuhören; dem Kardinal von Poitiers, der zum Legaten Clemens‘ in England ernannt worden war, wurde die Einreise verweigert, und jene Teile Frankreichs, die noch den Engländern unterstanden, wurden gezwungen, den Glauben ihrer Herrscher anzunehmen. Schottland bekannte sich zu Clemens, ebenso die Bretagne, während Flandern urbanistisch war. Ludwig von Ungarn und Polen, der sich damals auf dem Höhepunkt seiner Macht befand, schloss sich nach einiger Verzögerung Urban an. Karl der Böse von Navarra und Ferdinand von Portugal legten sich nicht fest. Die Könige von Aragon und Kastilien, Pedro IV. und Heinrich II., entschieden sich vorerst zu strikter Neutralität. Und gerade den Nachforschungen der Gesandten Pedros und des Nachfolgers von Heinrich, Juan I., verdanken wir jene Reihe von Aussagen und Zeugnissen, die heute in den vatikanischen Archiven aufbewahrt werden und auf denen ein Großteil unserer Kenntnis über die Einzelheiten jener Ereignisse beruht, die das Große Schisma ausgelöst haben.



[1] Aussage des Kardinals von Marmoutier, Gayet, Dok. 39. Jacopo Orsini, die fragliche Person, war bereits tot, als der Kardinal diese Stellungnahme abgab.

[2] Raynaldus, vii. S. 375, 376. Vgl. Thomas de Acerno, Rer. It. Script., iii. 2. S. 715, 716.

[3] Erklärung des Fra Luigi, Bischof von Assisi. Archivio Vaticano, LIV. 19, S. 183.

[4] Vgl. Kardinal Corsinis Stellungnahme, die den Erklärungen seiner Kollegen hinzugefügt wurde, Gayet, Dok. 27.

[5] Fra Gonsalvo, ein Dominikaner, damals Prior von Santa Sabina, berichtet, dass sie zu den Kardinälen schickten, um ihnen eine gute und friedliche Bewachung zum Schutz für die Freiheit des Konklaves anzubieten, sie aber gleichzeitig zu bitten, Rom und Italien durch die Wahl zu trösten, und sie zu warnen, dass, wenn ihre Wahl die Römer nicht zufriedenstellen würde, es Probleme mit dem Volk geben würde. Sie fürchteten, ne forte aliquod non debitum populus faceret – das Volk würde vielleicht etwas Unrechtmäßiges tun. Archivio Vaticano, LIV. 15, S. 57v.

[6] Aussage des Fra Gonsalvo, Archivio Vaticano, LIV. 15, S. 58. Der Mönch berichtet (MS. cit., S. 63v.), dass die Römer solches Vertrauen in den Kardinal von Aragon setzten, dass sie völlig einverstanden gewesen wären, wenn er zum Papst gewählt worden wäre.

[7] T. de Nyem, De Schismate, I. i.

[8] Zeugnis des Nardo, Archivio Vaticano, LIV: 37, S. 142. Ich entnehme den vollen Namen dieser Person, Nardus Georgii aliter dictus Lupus, einer undatierten Instruktion Urbans VI., Cod. Vat. Lat. 6330, S. 277.

[9] Baluze, I. S. 1240, 1241.

[10] Vgl. das Zeugnis von Alfonso, in Raynaldus, vii. S. 377, mit dem des Kardinals de Luna, in A. Sorbelli, Anhang zu des hl. Vincent Ferrers De Moderno Ecclesiae Schismate, S. 244, 245.

[11] Valois, I. S. 30, 31.

[12] Die Aussagen des Bischofs Tommaso von Lucera, die von Muratori (Rer. It. Script. iii. 2) zitiert werden, und des Bischofs Niccolò von Viterbo, die kürzlich von Pastor veröffentlicht wurden (Acta Inedita, Dok. 3), sind ebenso wenig glaubwürdig wie die feierlichen Zeugnisse der Kardinäle selbst, die der Abbé Gayet so eifrig gesammelt hat. M. Noel Valois, La France et le Grand Schisme d’Occident, I. S. 35 - 83, ist wohl überlegt und unparteiisch.

[13] [Kardinal Walter Brandmüller, 1998–2009 Präsident des Päpstlichen Komitees für Geschichtswissenschaft, resümiert in einem Artikel zu diesem Thema, dass das Schisma-Problem nach wie vor offen sei, dass es aber zuverlässige Quellen gibt, aus denen zwar nicht der Hergang, wohl aber die Gültigkeit der Wahl Urbans VI. mit Sicherheit erschlossen werden kann. Vgl. Walter Brandmüller, Zur Frage nach der Gültigkeit der Wahl Urbans VI., in: Annuarium Historiae Conciliorum, Internationale Zeitschrift für Konzilienforschung, hgg. von Walter Brandmüller u. Remigius Bäumer, 1974, 1, S. 78–120.]

[14] Zeugnis des Bischofs von Faenza, Archivio Vaticano, LIV. 40. Vgl. Rer. It. Script., iii. 2. S. 680, 681. Es ist bemerkenswert, dass Antoninus (III. S. 389) einen ähnlichen Vorschlag Bartolommeo Prignano selbst zuschreibt.

[15] Vgl. Valois, I. S. 45.

[16] Aussagen der italienischen Kardinäle, Gayet, Dok. 27.

[17] Sein Zeugnis in Sorbelli, op. cit., S. 251, 252.

[18] Das behauptet zumindest der Bischof von Todi (Gayet, Dok. 17), der hinzufügt, er glaube, dass Bartolommeo zu diesem Zeitpunkt noch nichts von seiner Wahl wusste. Nardo hingegen behauptet, Orsini habe ihm und dem Bischof von Marseilles aufgetragen, den Römern von den Kardinälen mitzuteilen, dass sie sie durch einen römischen oder italienischen Papst zufriedenstellen würden. Er überbrachte die Nachricht persönlich, forderte sie auf, Gott zu danken und wegzugehen, damit der Papst ungehindert herauskommen könne: „Und dann versteckten einige Römer, die der Familie des besagten Herrn Kardinals Orsini und seiner Verwandtschaft angehörten, ihre Gesichter hinter den anderen und schrien, sie wollten nur einen Römer haben.“ Archivio Vaticano, LIV. 37, S. 142v.

[19] Die ausführlichste Schilderung dieser ungewöhnlichen Angelegenheit findet sich in Valois, I. S. 52, 53. Der Bericht von Creighton in seiner History of the Papacy wurde verfasst, bevor die Dokumente des Vatikans zugänglich gemacht wurden. Es ist bemerkenswert festzustellen, dass Katharina von Schweden, die sich in Rom aufhielt, vermutete, dass die Kardinäle Tebaldeschi inthronisierten, weil sie fürchteten, die Römer würden den wahren Papst töten, weil er kein Römer war. Vgl. ihr Zeugnis in Raynaldus, vii. S. 380, 381. Die italienischen Kardinäle berichteten, dass einer der anderen „dem Volk sagte, dass der Herr von St. Peter gewählt wurde, er aber nicht zustimmen wolle, und dass sie ihn überreden sollten, einzuwilligen“. Gayet, Dok. 27.

[20] Brief des Dekans von Tarascon, Rom, 11. April, an den Präzentor [Vorsänger] von Elne in Avignon. Gayet, Dok. 22.

[21] Raynaldus, vii. S. 378.

[22] Zeugnis des Tommaso Petra, Archivio Vaticano, LIV. 17, S. 80.

[23] Zeugnis des Kardinals de Luna, loc. cit., S. 259, 260.

[24] Berichte vom 9. und 12. April 1378. Pastor, Geschichte, Dok. 10 und 11. Auf der anderen Seite versucht der Einsiedler-Bischof (im Lichte späterer Ereignisse) herauszustreichen, dass die Römer die Wahl eines Neapolitaners missbilligten.

[25] Vgl. insbesondere den Bericht des Bischofs von Viterbo, Pastor, Acta Inedita, Dok. 3, der allerdings eine offenkundige urbanistische Übertreibung enthält.

[26] Zeugnis des Francesco da Siena, Archivio Vaticano, LIV. 17., S. 76.

[27] Vgl. Gayet, II. S. 86, 92. Einer der Bandaresi soll erklärt haben, dass, falls jemand es wagen sollte, die Gültigkeit der Wahl in Frage zu stellen, „die Römer ihn wahrhaftig in solche kleinen Stücke zerhauen würden, dass das Ohr noch der größere Teil davon wäre.“

[28] MS. cit., S. 58v., 59. Den Armen gegenüber war Urban jedoch gnädig und gewährte ihnen alle Vergünstigungen und Gnaden, die sie erbaten. Vgl. Cristoforo da Piacenza in seinem Bericht vom 24. Juni, Pastor, Geschichte, I. Dok. 12.

[29] Lettere dei discepoli, 3.

[30] Brief 302 (16).

[31] Aussage des Fra Gonsalvo, MS. cit., S. 60.

[32] Raynaldus, vii. S. 379.

[33] Bericht vom 24. Juni. Pastor, Geschichte, I. Dok. 12. Die Aussage Pierre de Cros‘, Gayet, Dok. 23, beweist, dass die Kardinäle gehofft hatten, Urban nach Anagni locken zu können, um ihn dort zu ihrem Gefangenen zu machen.

[34] Kardinal Corsinis Ergänzung zu den casus der drei italienischen Kardinäle. Gayet, Dok. 27. Vgl. den Bericht des Bischofs von Viterbo, Pastor, Acta Inedita, Dok. 3.

[35] Du Boulay, IV. S. 466, 467. Vgl. Valois, I. S. 76; Gayet, II. S. 25. Der Brief der ausländischen an die italienischen Kardinäle findet sich in Raynaldus, vii. S. 328.

[36] Baluze, I. S. 1182.

[37] Aussage des Fra Gonsalvo, MS. cit., S. 63v.– 65.

[38] MS. cit., S. 65v. (auch in Raynaldus, vii. S. 318).

[39] „Auf dich sind nun die Augen ganz Israels gerichtet, damit Du ihnen verkündest, wer nach meinem Herrn und König auf dem Thron sitzen wird.“ (1 Kön 1, 20).

[40] Archivio Vaticano, LIV. 31, S. 4v. –7v. Viele Handschriften dieser Predigt haben sich erhalten.

[41] Texte in Du Boulay, IV. S. 467– 478.

[42] Vgl. Gayet, Dok. 27; T. de Nyem, I. 10; Baluze, I. S. 1237.

[43] Vgl. Raynaldus, vii. S. 328, 329; Gayet, II. S. 268–274; Valois, I. S. 72.

[44] Vgl. T. de Nyem, I. 7, 8; Valois, I. S. 77, 78. Es verbreitete sich die Nachricht, dass Urban beabsichtigte, das Königreich Neapel an Ludwig von Ungarn zu übertragen und Johanna bis zu ihrem Lebensende in ein Kloster zu stecken.

[45] Valois, I. S. 90 – 93. Vgl. den Bericht des Jean le Févre in Du Boulay, IV. S. 523, und die Aussage von Pierre de Cros in Gayet, Dok. 23.

[46] Text des Briefes in Valois, I. S. 99n.

[47] Valois, I. S. 107, 108.

[48] Gayet, Dok. 31; Sorbelli, S. 268.

[49] Siehe Valois, I. S. 151 n., 157 n.

[50] Ibid., S. 160.