Edmund G. Gardner
Die hl. Caterina von Siena
Eine Studie über Religion, Literatur und Geschichte
des 14. Jahrhunderts in Italien
10. Kapitel
Der Engel des Friedens
Aus Caterinas Briefen wird deutlich, dass sie weder den Gedanken noch den Wunsch hatte, Gregor als weltlichen Herrscher nach Rom zurückkehren zu sehen. Sie träumte von einem Papst als einer rein geistlichen Macht, die unbewaffnet in Armut und Demut kommen und alle Gegner allein durch die Kraft der Liebe bezwingen sollte. Das Schauspiel einer Kirche, die mit Söldnertruppen gegen die Italiener kämpfte, um die aufständischen Städte des Kirchenstaates zurückzuerobern, war ihr ein absoluter Gräuel und eine Abscheulichkeit, ein wirklicher Krieg gegen Gott.
Kurz nach seiner Rückkehr nach Rom richtete sie an den Papst einen Brief, der die Erwartungen all jener Katholiken mit leidenschaftlichen Worten zum Ausdruck bringt, die zu jeder Epoche innerhalb der Kirchengeschichte darum gebetet haben, dass ihre Hirten erkennen mögen, dass das Reich Christi nicht von dieser Welt ist und sie um der Rettung der Seelen willen endlich bereit sein mögen, die unchristliche Last irdischer Macht abzulegen (und sei es lediglich in Form von unerfüllbaren und unbestimmt formulierten Forderungen) – nur um mit dem päpstlichen non possumus konfrontiert zu werden: der Erklärung, dass derjenige, der auf dem Thron des Fischers sitzt, nicht auf das verzichten kann, was die Kirche einst besessen oder als ihr Eigentum beansprucht hat. Gott verlange vom Papst Frieden, schreibt sie, und er dürfe nicht so sehr auf zeitliche Herrschaft und Besitz bedacht sein, dass er nicht sehe, wie groß die Zerstörung der Seelen und der Frevel gegen Gott sei, der aus dem Krieg resultiere. „Ihr könntet in der Tat sagen, Heiliger Vater: ‚Ich bin in meinem Gewissen dazu verpflichtet, das Eigentum der heiligen Kirche zu bewahren bzw. wiederzugewinnen.‘ O weh! Ich gebe zu, dass das wahr ist. Aber mir scheint, dass man noch mehr das bewahren muss, was wertvoller ist. Der Schatz der Kirche ist das Blut Christi, das als Lösegeld für die Seelen hingegeben wurde; und dieser Schatz des Blutes wurde nicht für zeitliche Güter bezahlt, sondern für das Heil des Menschengeschlechts. Wenn Ihr also verpflichtet seid, den Besitz und die Herrschaft über die Städte, die die Kirche verloren hat, zurückzuerobern und zu bewahren, so seid Ihr noch viel mehr verpflichtet, die vielen kleinen Schafe zurückzugewinnen, die der Schatz innerhalb der Kirche sind. Es ist besser, den Schlamm irdischer Dinge preiszugeben als das Gold des geistlichen Besitzes. Friede, Friede, um der Liebe des gekreuzigten Christus willen.“
Was bedeutet der Verlust irdischer Macht im Vergleich zu dem Übel, dass die Gnade in den Seelen der Menschen schwindet und der Gehorsam, den sie dem Papst schulden, verloren geht? Wie kann er die Kirche erneuern, solange er im Krieg steht und für Soldaten vergeudet, was eigentlich den Armen gehört? „Ihr braucht die Hilfe des gekreuzigten Christus. Auf ihn richtet also Eure Zuneigung und Euer Verlangen, nicht auf Menschen und menschliche Hilfe! Vertraut auf Christus, den lieben Jesus, dessen Platz Ihr einnehmt. Denn wie es scheint, will er, dass die Kirche wieder zu ihrem süßen ursprünglichen Zustand zurückkehrt. O wie gesegnet werden Eure und meine Seele sein, wenn ich Euch dieses große, gute Werk beginnen sehe und wenn das, was Gott nun durch Gewalt geschehen lässt, in Euren Händen durch Liebe vollendet wird!“[1]
Sobald Caterina nach Siena zurückgekehrt war, erwarteten sie bereits einige Florentiner – offenbar im Auftrag der Parte Guelfa –, um von ihr persönlich zu erfahren, was sie in ihrer Angelegenheit in Avignon ausgerichtet hätte und wie die weiteren Pläne des Papstes seien. Sie antwortete, dass Gregor bereit wäre, sie in Gnaden wieder aufzunehmen, wenn sie ihm einen Beweis für ihre Unterwerfung unter den Heiligen Stuhl geben wollten, und forderte sie auf, Botschafter zu ihm zu schicken, sobald er in Rom eingetroffen wäre. Sie baten sie dringend, erneut nach Florenz zu kommen, um einen formellen Bericht über ihre Gesandtschaft zu geben und die Gemüter der Parte Guelfa zu beschwichtigen. Das allerdings lehnte Caterina ab, weil es nach den Ereignissen von Avignon kompromittierend für die Kirche gewesen wäre, obwohl sie zuletzt einwilligte, Stefano Maconi an ihrer Stelle zu schicken. Als er in Florenz eintraf, begleiteten Niccolò Soderini, Piero Canigiani und Stoldo di Bindo Altoviti (ein prominentes Mitglied der Parte Guelfa, der in der Innenpolitik der Republik eine wichtige Rolle spielte) Stefano zu den Acht, denen er Caterinas Botschaft überbrachte, in der er alles, was in Avignon versucht worden war, schilderte und sie aufforderte, Frieden zu schließen. Aber in der Stadt verbreitete sich das Gerücht, dass „ein gewisser Caterina-treuer Sieneser“ die Acht dazu verleiten wolle, die Regierung dem Papst zu unterwerfen. Ein Tumult entstand, „sodass sich – ähnlich wie einst die Juden zähneknirschend gegen den Diakon Stephanus – viele aus dem Volk in mörderischer Wut auf unseren Stefano stürzten; und sie hätten ihn ohne Zweifel tätlich angegriffen, wenn nicht die Autorität der einflussreichsten Männer dazwischengetreten wäre.“[2] Dennoch, so versichert uns Stefanos Biograf, seien seine Worte nicht vergebens gewesen. Doch die Ereignisse sollten bald alle unmittelbaren Aussichten auf Frieden zunichtemachen.
Fast alle Staaten Italiens, selbst jene, die sich im Krieg mit dem Heiligen Stuhl befanden, sandten Botschafter, um dem Papst zu seiner Ankunft zu gratulieren. Auch die Sieneser mussten sich der Aufgabe unterziehen, eine Entschuldigung für ihren Beitritt zur Liga zu finden und vom Papst die Rückgabe von Talamone zu erwirken, das der Prior der Pisaner Johanniter mit Hilfe der Kirche beschlagnahmt hatte. Mit ihnen reiste Tommaso di Guelfaccio, der Jesuat, mit einem Brief Caterinas an den Papst, in dem sie ihn erneut aufforderte, mit den toskanischen Kommunen und den aufständischen Städten Frieden zu schließen, um ganz Italien zu befrieden. Nur durch Liebe könne er hoffen, die Herzen der Italiener zu gewinnen. „Es werden die Gesandten Sienas zu Eurer Heiligkeit kommen, und wenn es ein Volk auf der Welt gibt, das durch Liebe gewonnen werden kann, dann ist es dieses. Deshalb bitte ich Euch zu versuchen, sie mit dieser Angel zu fangen. Nehmt ihre Entschuldigungen an für die Fehler, die sie begangen haben, denn sie bedauern es ja! Zudem befinden sie sich in einer Lage, in der sie nicht wissen, was sie tun sollen. Ich bitte Euch, mein liebes Väterchen, wenn Ihr einen Weg findet, wie sie Eure Heiligkeit entschädigen können, ohne dass sie in den Krieg gegen jene, mit denen sie verbündet sind, hineingezogen werden, dann tut es bitte. Habt Nachsicht mit ihnen aus Liebe zum gekreuzigten Christus! Ich glaube, wenn Ihr das tut, wird es ein großer Segen für die heilige Kirche sein und viele Übel verhindern.“[3] Der Papst empfing sie Caterina zuliebe freundlich, wollte aber nur in allgemeiner Form antworten – mit dem Ergebnis, dass die Gesandten an seinen friedlichen Absichten zweifelten und zu dem Schluss kamen, er wolle Talamone als Faustpfand nutzen, um sich bei seinem bevorstehenden Feldzug zur Rückeroberung des Kirchenstaates die Loyalität Sienas zu sichern.
Die drei Florentiner Gesandten trafen am 26. Januar in Rom ein. Es waren Pazzino Strozzi, Alessandro dell‘ Antella und Michele Castellani – dieselben drei, die schon in Avignon gewesen waren –, und sie hatten den Auftrag, dem Papst zu gratulieren und über einen Frieden zu verhandeln. Gregor empfing sie freundlich, bot ihnen aber nur die gleichen Bedingungen wie zuvor an: Sie sollten innerhalb von vier Jahren eine Entschädigung von mehr als einer Million Florinen an die apostolische Schatzkammer zahlen und ihre Verbündeten in der Liga praktisch fallen lassen.[4] Die Wiedergutmachung war mehr als überhöht – und ein schreckliches Ereignis, das sich wenige Tage später ereignete, ermöglichte es den Florentinern, der zweiten päpstlichen Forderung eine unheilvolle Deutung zu geben.
Nachdem der Kardinal von Genf in Bologna gescheitert war, hatte er die Bretonen in Cesena, der einzigen großen Stadt in der Romagna, die noch treu zur Kirche stand, ihr Winterquartier beziehen lassen. Die maßlose Brutalität dieser Grobiane, die vom Kardinal noch unterstützt wurden, indem er ihnen erlaubte, von den Stadtbewohnern ohne Bezahlung alles zu nehmen, was sie brauchten, führte am 1. Februar zu einem bewaffneten Aufstand in Cesena, in dessen Verlauf etwa drei- oder vierhundert Bretonen getötet wurden und die übrigen aus der Stadt vertrieben oder gezwungen wurden, beim Kardinal in der Zitadelle Zuflucht zu suchen. Von einer Rebellion gegen den Papst war nicht die Rede: „Viva la Chiesa“, rief die Bevölkerung, nicht weniger als „Muoiano i Brettoni – Tod den Bretonen!“, und am folgenden Tag legten die Aufständischen im Vertrauen auf eine Frieden verheißende Erklärung des Kardinals die Waffen nieder. Doch auf dessen Anforderung hin waren Hawkwood und seine Engländer bereits aus Faenza herbeigeeilt. Sie schlossen sich mit den wütenden Bretonen zusammen, drangen bei Nacht über die Zitadelle in Cesena ein und erhielten Befehl, die Einwohner mit dem Schwert niederzumachen. Um ihm gerecht zu werden: Hawkwood zögerte zunächst und erhob in gewissem Sinn Einspruch, aber der Kardinal bestand darauf.
Am nächsten Tag, dem 3. Februar, folgte ein schreckliches Massaker. Männer, Frauen und Kinder wurden unterschiedslos niedergemetzelt. Die Engländer waren vorwiegend auf Plünderung aus, aber die nach Rache dürstenden Bretonen verschonten nicht einmal die Säuglinge an der Brust oder in der Wiege und verübten unsagbare Gräueltaten aller Art. Die Kirchen wurden entweiht, und jene Mönche, die versuchten, den Flüchtlingen Schutz zu bieten, wurden zusammen mit den anderen ermordet. Wenigstens viertausend Einwohner von Cesena wurden auf diese Weise abgeschlachtet. Fünfzehntausend Überlebende, ausgehungert und halb erfroren, flohen in völliger Auflösung, um unterwegs zu sterben oder, so gut es ging, in den benachbarten Städten Schutz zu finden. Ein Schauer des Entsetzens ging durch ganz Italien – es ist unmöglich, auch nur einen geringen Teil der unvorstellbaren Grausamkeiten zu Papier zu bringen, die der allgemeine Bericht jener Zeit den Söldnern der Kirche zuschrieb. „Nero selbst beging niemals solche Grausamkeiten“, schreibt der franziskanische Chronist von Bologna. „Es reichte, um das Volk nicht mehr an den Papst oder an die Kardinäle glauben zu lassen.“ In allen Städten der Liga wurden Messen aufgeopfert, Männer und Frauen drängten in die Kirchen, um Spenden zu geben und für die Seelenruhe der ermordeten Bürger von Cesena zu beten.
Wenn dies das Schicksal treuer Anhänger der Kirche war, was sollten dann die Rebellen von ihr erwarten, wenn sie von ihren Florentiner Verbündeten verlassen würden? Coluccio Salutati schrieb im Namen der Republik an die Staaten Italiens und die Fürsten der Christenheit und erklärte, die Geschehnisse hätten die Politik von Florenz gründlich gerechtfertigt. „Dies ist das traurige Schicksal von Völkern, die der Kirche gehorchen! So sieht der beklagenswerte Zustand Italiens aus, welches diese Machthaber für die Kirche zerstören und verunstalten! Wir klagen nicht die Humanität des Papstes an, weil wir glauben, dass ihm dies und vieles andere, worüber wir schweigen, von Herzen missfällt. Aber wir beklagen zutiefst, dass er noch immer kein Gegenmittel gegen so viele und so schreckliche Taten gefunden hat.“[5] Dennoch scheint Gregor keine öffentlichen Schritte unternommen zu haben, um sich von diesen unfassbaren Taten zu distanzieren, die in seinem Namen begangen wurden. In seiner wortgewaltigen Canzone an den Papst beklagt Franco Sacchetti „das unschuldige Blut von Cesena, das mit solcher Wut von diesen Deinen Wölfen vergossen wurde“: „Wehe dem, der Dir untersteht und sich nicht erhebt! Denn es gibt einen gerechten Grund, sich von dem zu befreien, der sich von Menschenblut ernähren will.“
In den Briefen Caterinas findet sich kein direkter Hinweis auf das Massaker von Cesena. Aber zweifellos muss die frische Erinnerung an das Blut dieser Unglücklichen, die der Gier der Hirten der Kirche nach weltlicher Herrschaft zum Opfer gefallen waren, ihrem Brief an den Papst, den sie zehn Wochen nach dem Ereignis schrieb und in dem sie für den Frieden um jeden Preis plädiert, schreckliche Aktualität verliehen haben:
„Habt Mitleid mit so vielen Seelen und Leibern, die zugrunde gehen! O Hirte und Hüter des Blutes des Lammes, lasst Euch nicht durch irgendwelche Mühen zurückhalten, noch durch Schmach oder Hohn (wo Ihr meint, dass sie Euch gelten) und auch nicht durch sklavische Furcht oder verkehrte Ratgeber des Teufels, die nur zu Krieg und Elend raten. Bedenkt doch, wie viel Unheil aus diesem bösen Krieg entsteht und wie viel Segen dagegen aus dem Frieden folgt. Wehe, mein Väterchen, meine Seele ist tief betrübt, weil meine Sünden die Ursache all dieser Übel sind. Es scheint, dass der Teufel die Herrschaft über die Welt übernommen hat – zwar nicht aus eigener Kraft, da er ja ein Nichts ist, sondern weil wir sie ihm überlassen haben. Wohin ich mich auch wende, überall sehe ich, wie ihm die Menschen mit perverser Bereitwilligkeit die Schlüssel des freien Willens ausgehändigt haben: Laien, Ordensleute und Priester – sie alle gieren voll Stolz nach weltlichen Vergnügungen, Ämtern und Reichtum, verbunden mit viel Unreinheit und großem Elend. Aber vor allen anderen Dingen, die ich sehe, sind in den Augen Gottes jene Blumen am abscheulichsten, die in den mystischen Leib der heiligen Kirche eingepflanzt wurden – sie sollten Blumen von lieblichem Wohlgeruch sein und ihr Leben ein Spiegel der Tugend, eifrige Liebhaber der Ehre Gottes und des Heils der Seelen. Doch jetzt verbreiten sie den Gestank jedweder Erbärmlichkeit. Sie lieben sich nur selbst und vereinen ihre eigenen Sünden mit denen der anderen, besonders bei der Verfolgung der süßen Braut Christi und Eurer Heiligkeit.[6] O weh! Wir sind hier dem Tode verfallen und haben Gott den Krieg erklärt. O mein Väterchen, Ihr wurdet für uns zum Vermittler bestellt, um hier wieder Frieden zu bringen. Aber ich kann nicht erkennen, wie das geschehen soll, wenn Ihr nicht das Kreuz des heiligen Verlangens auf Euch nehmt. Wir stehen im Krieg mit Gott, und Eure aufrührerischen Kinder sind im Krieg mit Gott und mit Eurer Heiligkeit. Gott will und fordert von Euch, dass Ihr entsprechend Eurer Macht dem Teufel die Herrschaft aus den Händen reißt. Legt Hand an und befreit die heilige Kirche vom fauligen Gestank ihrer Diener. Reißt diese übelriechenden Blumen aus und pflanzt wieder süß duftende Blumen ein, tugendhafte Männer, die Gott fürchten. Weiters bitte ich Eure Heiligkeit, gewährt gnädig Frieden und nehmt ihn an, egal auf welche Weise er auch bewirkt werden kann, freilich immer bedacht auf das Wohl der Kirche und auf Euer Gewissen. Gott will, dass Ihr Euch mehr um die Seelen und um die geistlichen Dinge kümmert als um die weltlichen.“[7]
Caterina schrieb diesen Brief in „dem neuen Kloster, dessen Gründung Ihr mir erlaubt habt, genannt Santa Maria degli Angeli.“ Es befand sich an der Stelle der heutigen Villa von Belcaro, jenes romantisch gelegenen Schlosses, das von einem Hain aus Steineichen umgeben ist und von dessen Zinnen aus man die sienesischen Hügel bis hin zur Maremma und dem fernen Monte Amiata sehen kann. Das Gebäude war ihr von Nanni di Ser Vanni Savini geschenkt worden, der nach einer unglücklichen und turbulenten Karriere als Politiker der Zwölferfraktion zu einem geistlichen Leben bekehrt worden war. Während ihres Aufenthalts in Avignon hatte der Papst ihr die notwendigen Befugnisse erteilt, und nach ihrer Rückkehr nach Siena hatte die Signoria ihr auf ihre Bitte hin am 25. Januar 1377 die Genehmigung erteilt, die zerstörte Festung in ein Kloster umzuwandeln, um dort „geistliche Schwestern aufzunehmen, die ständig für die Stadt, die Bürger und die Einwohner von Siena und des Umlandes beten werden.“[8] Der Abt von Sant‘ Antimo, Fra Giovanni di Gano aus Orvieto (ein Mönch, zu dem Caterina großes Vertrauen hatte und der gelegentlich als einer ihrer Beichtväter fungierte), erteilte als päpstlicher Beauftragter in Anwesenheit der gesamten geistlichen Familie Caterinas den offiziellen Segen zur Gründung des Klosters, und William Flete kam aus dem benachbarten Lecceto, um die erste heilige Messe zu lesen. Am 25. April, dem Fest des heiligen Markus, kehrte Caterina wieder nach Siena zurück.
In diesen Monaten haben wir Francesco di Vanni Malavolti aus den Augen verloren. Während Caterinas Aufenthalt in Avignon war er in sein früheres, ausschweifendes Leben zurückgefallen und scheute sich nach ihrer Rückkehr zunächst, sie zu besuchen. Sie bat ihn innig, zu ihr zu kommen. „Teuerster und geliebter Sohn in Christus Jesus!“ schrieb sie, „Ich, Caterina, Dienerin und Sklavin der Diener Jesu Christi, schreibe Dir in seinem kostbaren Blut mit dem Wunsch, Dich, mein kleines verlorenes Schaf, wiederzufinden! Ich möchte Dich so gerne in den Schafstall und in die Herde Deiner Gefährten zurückführen. Aber es scheint, dass der Teufel Dich mir gestohlen hat, so dass Du Dich nicht finden lässt. Ich, Deine unglückliche Mutter, suche Dich und schicke nach Dir, weil ich Dich auf meine Schultern nehmen möchte aus Sorge und Mitleid mit Deiner Seele. Öffne das Auge Deines Verstandes, liebster Sohn. Erhebe es aus der Dunkelheit und erkenne Deine Fehler, nicht mit verwirrtem Gemüt, sondern durch Selbsterkenntnis und Vertrauen auf die Güte Gottes. Sieh, wie Du das Gut der Gnade, das Dein himmlischer Vater Dir anvertraut hat, vergeudet hast. Aber so wie jener Sohn handelte, der – als er sein Vermögen verschleudert hatte und Not zu leiden begann – seinen Fehler erkannte und sich zu seinem Vater flüchtete, um Vergebung zu erhalten, so tu es auch Du. Denn Du bist arm geworden und in Not geraten; Deine Seele stirbt vor Hunger. Kehre um und bitte Deinen himmlischen Vater um Erbarmen. Er wird Dir beistehen und Deinen Wunsch nicht zurückweisen, wenn er in Reue für die begangene Sünde gegründet ist – nein, er wird ihn liebevoll erfüllen. O weh, o weh! Wo sind Deine guten Vorsätze? O meine unglückliche Seele! Ich habe entdeckt, dass der Teufel Deine Seele und Dein heiliges Verlangen geraubt hat. Die Welt und ihre Diener haben ihre Fallen ausgelegt und Dich mit ihren ungeordneten Freuden und Vergnügungen geködert. Steh auf, nimm Deine Medizin und schlafe nicht länger! Tröste meine Seele und sei nicht so grausam gegenüber Deinem Heil, dass Du mich um Deinen Besuch bringst. Lass dich nicht vom Teufel durch Angst oder Scham betrügen. Löse diese Verstrickung. Komm, komm, liebster Sohn. Ich kann dich wohl lieber Sohn nennen, denn Du kostest mich so viele Tränen und Mühen und viel an bitterem Kummer. Komm jetzt und kehre zu Deiner Herde zurück. Ich bitte Gott um Entschuldigung, dass ich nicht mehr tun kann. Wenn du kommst und bleibst, verlange ich nicht mehr von dir, als dass du den Willen Gottes erfüllst. Mehr sage ich nicht. Bleibe in der heiligen und süßen Liebe Gottes.“[9]
Francesco berichtet uns, dass er sofort zu ihr ging, „obgleich nicht ohne große Scham und Angst. Sie aber, wie die allergütigste und liebevollste Mutter, empfing mich mit fröhlichem Gesicht und schenkte meiner Schwachheit den größten Trost. Und einige Tage später, als ich nochmals zu ihr kam und eine der Gefährtinnen der Jungfrau gleichsam in anklagendem Ton über mich sagte, wie wenig Standhaftigkeit ich doch besäße, sagte Caterina mit einem Lächeln: ‚Keine Angst, meine Schwestern, er kann meinen Händen nicht entrinnen. Auf welchem Weg er auch gehen will, und selbst wenn er meint, ich sei weit weg von ihm, werde ich ihm doch ein solches Joch auf seinen Nacken legen, dass er sich nicht mehr davon befreien kann.‘ Zu dieser Zeit hatte ich noch Frau und Kinder. Die Schwestern lachten über diese Worte und ich mit ihnen. Wir machten uns lustig und keiner von uns dachte weiter darüber nach.“[10]
In Siena hatte Caterina ihre apostolische Mission wieder aufgenommen: Sie mühte sich um die Bekehrung der Seelen, stiftete Frieden zwischen Feinden, betreute und tröstete die Leidenden. Zu dieser Zeit beanspruchten vor allem die Gefangenen und die nach dem Gesetz zum Tode Verurteilten ihre Fürsorge. Die Regierung lebte täglich in der Furcht vor Verschwörungen; die Gefängnisse waren überfüllt, pausenlos gab es Hinrichtungen. Zu Beginn des Jahres 1377 war ein junger Adeliger aus Gubbio, Gaddo Accorimboni, zum Podestà ernannt worden; in der Hoffnung, die Senatorenstelle zu erhalten, hatte er sich mit unbarmherziger Strenge an die Arbeit gemacht, wobei er weniger auf Gerechtigkeit bedacht war als darauf, sich ein Ansehen als unbeugsamer und energischer Richter zu verschaffen. Wir besitzen noch den schönen Brief, den Caterina am Donnerstag der Karwoche an die Gefangenen unter seiner strengen Hand richtete und in dem sie sie aufforderte, wahre Geduld zu erlangen durch die Betrachtung des Blutes des gekreuzigten Christus.[11] Vermutlich ereignete sich um diese Zeit[12] jene Episode in ihrem Leben, die so vielen, die sonst nichts von Caterina wissen, durch das Fresco von Bazzi und das Gedicht von Swinburne bekannt ist: Ein junger Adeliger aus Perugia, offenbar kaum mehr als ein Jüngling, Niccolò di Toldo, der zur Familie des Senators oder des Podestà gehörte, wurde wegen einiger unbedachter Worte, die er gegen den Staat geäußert hatte, zum Tod verurteilt. Fra Tommaso Caffarini fand ihn im Gefängnis der Kommune, wo er vor Verzweiflung tobte und sich weigerte, die Beichte abzulegen oder ein Wort über sein Seelenheil zu hören. Seit seiner Erstkommunion hatte er die Sakramente nicht mehr empfangen. Dann kam Caterina in seine Zelle und brachte ihm solchen mystischen Trost, dass er „wie ein sanftmütiges Lamm, das zur Schlachtbank geführt“ wird, gottergeben und mit dem Namen Christi und dem ihrem auf den Lippen starb, wobei sie sein abgetrenntes Haupt in ihre Hände nahm. „Er erwartete seinen Tod“, schreibt Fra Tommaso, „mit einer so wunderbaren Ergebenheit, dass es allen schien, als sei es nicht der Tod eines Menschen, der eines Verbrechens wegen verurteilt worden war, sondern das Sterben eines frommen Märtyrers. Alle Anwesenden wurden im Inneren zutiefst erschüttert; einer von ihnen war auch ich. Ich war so betroffen, dass ich mich nicht erinnern kann, jemals einem Tod von so großer Gottergebenheit, wie es dieser war, beigewohnt zu haben.“[13] Ich werde gleich auf den wunderbaren Brief zurückkommen, in dem Caterina Fra Raimondo über jede Einzelheit dieser Tragödie, die sich in einen Triumph verwandelt hat, informiert; denn es ist einer der Briefe, die am deutlichsten die Worte von Stefano Maconi illustrieren, dass wir in ihren Briefen „das lebendige Bild dieser göttlichen Jungfrau, ausgedrückt in den wahrhaftigsten Zügen ihrer Heiligkeit“, wahrnehmen können.
Im Sommer dieses Jahres verließ Caterina die Stadt, um ihre geistliche Fürsorge im Sieneser Umland weiterzuführen. Der unmittelbare Anlass für ihre Reise war eine Fehde, die zwischen zwei der wichtigsten Mitglieder aus dem mächtigen Clan der Salimbeni, Agnolino di Giovanni di Agnolino und Cione di Sandro, ausgebrochen war und die das ganze Gebiet erneut in einen Bürgerkrieg zu stürzen drohte. Eine Meinungsverschiedenheit über den Besitz einer Burg, an der sie beide einen Anteil beanspruchten, war der sichtbare Grund für den Streit, aber es gab auch politische Differenzen zwischen den beiden Adeligen. Cione, ein unruhiger und stürmischer Geist, neigte dazu, die Politik der päpstlichen Legaten in der Toskana zu unterstützen, von denen er sich stets Hilfe gegen die Freiheit seiner Mitbürger erhoffte, während Agnolino, das Oberhaupt der Familie – obwohl er sich dem Aufstand von 1374 angeschlossen hatte –, die Tradition seines berühmten Vaters, Giovanni di Agnolino Salimbeni, geerbt hatte, der so viele Jahre hindurch eine Kraft zur Förderung des Friedens im Staat darstellte und bereit war, die Republik gegen alle ihre Feinde zu verteidigen. Agnolinos verwitwete Mutter, die ehrwürdige Madonna Biancina Salimbeni, eine Schwester der Herren von Foligno, war seit langem eine treu ergebene Verehrerin Caterinas, die auch mit Madonna Stricca, der Gattin von Messer Cione, in Verbindung stand. Es war vermutlich auf Einladung dieser beiden Damen, dass Caterina in den Streit eingriff, obwohl sie sich zweifellos über die Gelegenheit freute, das gleiche apostolische Werk für ihren göttlichen Meister und Bräutigam unter den Menschen des Umlandes fortzusetzen, das sie schon seit so vielen Jahren innerhalb der Mauern von Siena selbst vollbracht hatte.
Einige von Caterinas Briefen an die Salimbeni sind erhalten geblieben. Neben Biancina und Stricca schrieb sie auch an Agnolinos Schwestern, die Gräfin Benedetta und Madonna Isa, die beide zu dieser Zeit Witwen waren und die sie für das Ordensleben zu überreden suchte.[14] An Benedetta, deren zweiter Verlobter noch vor der Hochzeit gestorben war und die von der Familie aus politischen Gründen zu einer dritten Ehe gedrängt wurde, schrieb sie, sie solle sich nicht in den verkehrten Dienst der Welt stellen, sondern die beiden Abfuhren, die sie von ihr erhalten hatte, als Zeichen dafür zu nehmen, dass sie zur Braut Christi berufen sei; und sie riet ihr, in das neu gegründete Kloster von Santa Maria degli Angeli auf Belcaro einzutreten. In einem umfassenderen Brief, in dem sie die göttliche mit der menschlichen Liebe vergleicht, lädt sie sie in den verschlossenen Garten der Selbsterkenntnis ein, der in den Boden wahrer Demut gepflanzt ist. „Ich weiß“, schreibt sie an Agnolino, „dass man schon viel Böses über die Gräfin gesagt hat und noch sagen wird, weil sie eine Dienerin und Braut Jesu Christi werden möchte. Sie und Ihr wäret sehr unklug, wenn sie nicht antworten würde, jetzt, da der Heilige Geist sie ruft. Sie hat erkannt, dass die Welt sie ablehnt und sie zum gekreuzigten Christus treibt.“ Und Madonna Isa, die dann später eine Mantellatin wurde, schlägt sie vor, sie möge es so einrichten, dass Benedetta noch vor Caterinas Eintreffen in Rocca – Rocca d’Orcia oder Rocca di Tentennano, der Hauptfestung der Salimbeni, wo Agnolino üblicherweise mit seiner Mutter wohnte – bereits dort anwesend ist.[15]
Es war bereits August, als Caterina Siena verließ – begleitet von ihrer üblichen Schar von Schülern und Frauen, darunter Fra Raimondo, Fra Tommaso della Fonte, Fra Bartolommeo, Fra Matteo Tolomei, Fra Santi, Stefano, Neri, dem kürzlich wiedergewonnenen Francesco Malavolti (aus dessen Feder die lebendigste Beschreibung dieser Monate stammt), Gabriele Piccolomini, Alessa, Cecca, Lisa und anderen Mantellatinnen. Monna Lapa – von den Mitgliedern der geistlichen Familie ihrer Tochter liebevoll nonna oder „Oma“ genannt – scheint bis Montepulciano mitgezogen zu sein. Sie und Cecca wurden bei den Nonnen des Klosters Sant Agnese zurückgelassen, wo Cecca eine Tochter hatte – Giustina, eine Novizin –, während Caterina ihre Mission fortsetzte: zuerst zu Cione Salimbeni in seiner Festung Castiglioncello del Trinoro und anschließend zu Agnolino nach Rocca. „Und innerhalb kurzer Zeit“, schreibt Francesco Malavolti, „brachte sie beide zu einer völligen Übereinstimmung, was viele andere Barone und mächtige Männer bis zu diesem Zeitpunkt nicht bewerkstelligen konnten.“ Von Rocca aus besuchte Caterina die Abtei Sant‘ Antimo auf Ersuchen ihres Freundes, des Abtes, der in einen Streit mit dem Erzpriester von Montalcino verwickelt war, weil dieser die Zuständigkeit über ihn beanspruchte. In ähnlicher Weise war es in Montepulciano ihre Aufgabe, Spinello Tolomei und andere Mitglieder seiner Familie, die sowohl mit den Salimbeni als auch mit der Republik in dauernder Feindschaft standen und untereinander zerstritten waren, zu versöhnen. In diesem letzteren Versuch erzielte sie allerdings nur einen teilweisen und vorübergehenden Erfolg: Denn im folgenden Frühjahr erhob sich Spinello trotz der Intervention des neuen Bischofs von Siena (Luca Bertini, des päpstlichen Nuntius, dessen Inhaftierung in Florenz bereits erwähnt wurde), griff zu den Waffen, verwüstete die Ländereien der Salimbeni und ließ die Streitigkeiten zwischen den beiden Häusern erneut aufflammen.
Mehr als vier Monate lang blieb Caterina in dieser Gegend, wobei sie Rocca zu ihrem Hauptquartier machte. Von dieser einst berühmten Burg sind heute nur noch wenige Spuren zu sehen. Sie stand auf einer Anhöhe oberhalb des Flusses Orcia, etwa dreiundzwanzig Meilen von Siena auf dem Weg nach Rom, zwischen Montepulciano und Montalcino, und war (wie so viele vergleichbare castelli, die man noch in der südlichen Toskana und in der römischen Campagna findet) praktisch eine kleine Stadt, die sich um die große Festung des Feudalherrn gruppierte. Sie war auch als „Isola della Rocca“ bekannt, offenbar wegen ihrer exponierten Lage. Nachdem das friedenstiftende Werk, für das sie gekommen waren, zu Ende gebracht hatten, erwies sich Madonna Biancina Caterina und ihrer Gefolgschaft gegenüber als die liebevollste und hingebungsvollste Gastgeberin, während Männer und Frauen aus den umliegenden Gebieten und Dörfern herbeiströmten, um die Worte der Heiligen zu hören und von ihren Krankheiten geheilt zu werden. Fra Raimondo und Francesco Malavolti erzählen uns wunderbare Geschichten über ihre Macht, Dämonen aus den Körpern der Besessenen zu vertreiben[16], aber fast noch bemerkenswerter waren die Bekehrungen, die sie in den Seelen der Menschen bewirkte. „Ich habe manchmal gesehen“, schreibt Fra Raimondo, „dass tausend oder mehr Personen, Männer und Frauen, wie von einer unsichtbaren Trompete gerufen, aus den Bergen und anderen Gegenden des sienesischen Umlandes zusammenkamen, um Caterina zu sehen und zu hören; und dabei wurden sie nicht nur durch ihre Worte, sondern auch durch ihren bloßen Anblick sogleich zur Reue über ihre Verfehlungen bewegt. Weinend und ihre Sünden beklagend eilten sie zu den Beichtvätern, zu denen auch ich gehörte, und legten ihre Beichten mit solch großer Reue ab, dass niemand bezweifeln konnte, dass ein wahrer Strom an Gnade vom Himmel in ihre Herzen herabgekommen war.“[17]
„Seelen verspeisen“ oder „Dämonen verschlingen“ lautete Caterinas spielerische Bezeichnung für die Bekehrung der Sünder. „Wir müssen zur Ehre Gottes wirken, wie es die heiligen Apostel taten“, schreibt sie an Caterina dello Spedaluccio und Giovanna di Capo, zwei ihrer Gefährtinnen, die in der Stadt zurückgeblieben waren und die ihre lange Abwesenheit bedauerten; „nachdem sie den Heiligen Geist empfangen hatten, trennten sie sich voneinander und von der lieben Mutter Maria. Obgleich es ihre größte Freude gewesen wäre zusammenzubleiben, gaben sie dennoch ihr Eigeninteresse auf, um die Ehre Gottes und das Heil der Seelen zu suchen. Das ist die Regel, die wir uns zu eigen machen müssen. Ihr seid in Siena; Cecca und Großmutter sind in Montepulciano; Fra Bartolommeo und Fra Matteo waren dort und werden wieder dorthin kommen. Alessa und Monna Bruna sind in Montegiovi, achtzehn Meilen von Montepulciano entfernt. Sie halten sich dort bei der Gräfin und bei Madonna Isa auf. Fra Raimondo und Fra Tommaso, Monna Tomma, Lisa und ich sind in Rocca unter den Halunken, und es werden so viele eingefleischte Teufel verspeist, dass Fra Tommaso sagt, er habe schon Bauchweh! Und trotz alledem können sie nicht genug bekommen: Ihr Appetit nimmt zu, und sie finden Arbeit, die reichlich belohnt wird. Bittet die göttliche Güte, dass sie ihnen große, süße und bittere Bissen zukommen lässt.“[18] Und an Lapa selbst, die „nonna“ (Großmutter) in Montepulciano, schrieb sie: „Du musst verstehen, liebste Mutter, dass ich, Deine arme Tochter, zu nichts anderem auf der Welt bin als nur zur Ehre Gottes und zur Rettung der Seelen. Dazu hat mich mein Schöpfer berufen. Ich weiß, dass Du zufrieden bist, wenn ich ihm gehorche. Wenn Du meinst, ich bliebe gegen Deinen Willen länger hier, dann bitte ich Dich, gib Dich zufrieden, denn ich kann nicht anders. Ich glaube, wenn Du um die Umstände wüsstest, würdest Du mich selbst hierherschicken. Ich bin hier, um ein großes Ärgernis aus der Welt zu schaffen, wenn ich kann. Es hat nichts mit der Gräfin zu tun. Deshalb müsst Ihr alle zu Gott und zur glorreichen Jungfrau beten, sie mögen uns ein gutes Ergebnis gewähren. Und Ihr, Cecca und Giustina, taucht ein in das Blut des gekreuzigten Christus. Denn jetzt ist es an der Zeit, Eure Tugend zu erproben.“[19]
Tatsächlich erregte Caterinas ausgedehnter Aufenthalt im Umland nicht nur politischen Argwohn, sondern verwirrte und beunruhigte auch ihre Freunde; Schwierigkeiten aller Art schienen sich um sie herum aufzutun. Während sie sich in Sant‘ Antimo aufhielt, führte der Erzpriester von Montalcino, von seinem Hass auf den Abt Giovanni di Gano dazu getrieben, gegen sie und ihn Klage vor der Regierung. Caterina sandte sofort Pietro di Giovanni Ventura in ihrem Namen nach Siena mit einem Brief an die Verteidiger und den Capitano del popolo und warnte sie, sich nicht „den Dienern Gottes“ entgegenzustellen, indem sie auf verleumderische Zungen hörten. Sie erklärte, der Abt sei „ein so großer und vollkommener Diener Gottes, wie es ihn in diesem Gebiet seit langer Zeit nicht mehr gegeben hat“, und dass sie sein Werk anerkennen und unterstützen sollten. „Ihr beklagt Euch täglich, dass die Priester und andere Geistliche nicht korrigiert werden – und jetzt, wo es Leute gibt, die sie zurechtweisen würden, verhindert Ihr es und erhebt Beschwerden.“ Was die Anschuldigungen gegen sie und ihre Begleiter betrifft, so sollten sie sich dagegen taub stellen. „Wir haben uns stets um Euer Heil an Leib und Seele bemüht, und wir tun es noch immer. Wir haben keine Mühe gescheut und Gott süße und liebevolle Wünsche dargebracht mit vielen Tränen und Seufzern, damit wir nicht dem göttlichen Gericht verfallen, das wir durch unsere Missetaten verdienen. Ich bin zwar wenig tugendhaft, so dass ich alles nur unvollkommen verrichte. Aber die anderen, die vollkommen sind und nur auf die Ehre Gottes und das Heil der Seelen achten, sind jene, die es tun. Weder der Undank noch die Torheit meiner Mitbürger werden mich daran hindern, mich bis zum Tode für Eure Rettung einzusetzen. Wir wollen vom lieben Paulus lernen, der sagt: Wenn man uns beschimpft, segnen wir. Wenn man uns verfolgt, dulden wir es. Seiner Regel wollen wir folgen. Die Wahrheit wird uns frei machen.
Ich liebe Euch mehr, als ihr Euch selbst liebt. Und ich liebe den Frieden und Eure Freiheit ebenso wie Ihr. Glaubt also nicht, dass irgendetwas Gegenteiliges unternommen wird, weder durch mich noch durch meine Gefährten. Wir sind dazu bestimmt, das Wort Gottes auszusäen und die Ernte der Seelen einzuholen. Jeder ist verpflichtet, auf seine besondere Gabe bedacht zu sein. Uns hat Gott diese Gabe verliehen. Wir müssen sie ausüben und dürfen unser Talent nicht vergraben, sonst hätten wir strengen Tadel verdient, vielmehr müssen wir es zu jeder Zeit, an jedem Ort und für jedes Geschöpf nutzbar machen. Ich bin nur deshalb hierhergekommen, um Seelen zu essen und zu verkosten und sie den Händen des Teufels zu entreißen. Dafür würde ich mein Leben hingeben, selbst wenn ich tausend Leben zu verlieren hätte; und deshalb werde ich gehen und bleiben, wie der Heilige Geist mich leiten wird.“[20]
Das Murren ging weiter, während sie sich in Montepulciano und in Rocca aufhielt. Madonna Rabe Tolomei, der es missfiel, dass ihr Sohn, Fra Matteo, sich mit Caterina bei den Erbfeinden ihres Hauses aufhielt, schrieb, ihre Tochter Francesca sei sehr krank und Matteo müsse – unter Androhung ihres Fluches – unverzüglich zu ihr kommen.[21] Andere behaupteten, Caterina und Raimondo würden mit den Salimbeni ein Komplott gegen den Staat schmieden, und sie bearbeiteten die Verteidiger derartig, dass diese Tommaso di Guelfaccio mit einem Brief sandten und sie aufforderten, nach Siena zurückzukehren, wo es mit ihrer Hilfe einen wichtigeren Frieden zu erreichen gäbe. In ihrer Antwort, einem langen und beredten Brief, tadelt Caterina ihre Eigenliebe und die feige Furcht, die sie dazu verführt, jenen zu misstrauen, die sich unermüdlich für ihr Wohlergehen und den Frieden des Staates einsetzen; gleichzeitig bittet sie um Entschuldigung für ihre Vermessenheit, sich so an sie zu wenden, und verspricht, ihrer Aufforderung so bald wie möglich nachzukommen.[22]
An Salvi di Pietro, einen Goldschmied in Siena, der Einfluss auf die Regierung hatte, schrieb sie, dass Gott ihr – trotz des Murrens und der Verdächtigungen, die sich gegen sie und Fra Raimondo erhoben hatten – befohlen habe zu bleiben, bis ihr Werk beendet sei, und dass sie sich freue, solcherart verfolgt zu werden. „Ob es dem Teufel gefällt oder nicht, ich werde weiterhin mein Leben zur Ehre Gottes und zur Rettung der Seelen führen, für die ganze Welt und insbesondere für meine Heimatstadt. Die Bürger von Siena betragen sich schändlich, wenn sie glauben oder sich vorstellen, dass wir in den Gebieten der Salimbeni oder an irgendeinem anderen Ort in der Welt Komplotte schmieden. Wir sind nur dabei, den Teufel zu besiegen und ihm die Herrschaft zu nehmen, die er durch die Todsünde über den Menschen erlangt hat, so dass wir den Hass aus ihren Herzen reißen und sie mit dem gekreuzigten Christus und ihren Nächsten versöhnen. Das sind die Komplotte, die wir schmieden und von denen ich möchte, dass jeder sie schmiedet, der mich begleitet. Ich bedaure unsere Nachlässigkeit, durch die wir das nur in lauwarmer Art und Weise bewerkstelligen. Deshalb bitte ich Euch, lieber Sohn und auch alle anderen, zu Gott zu beten, dass ich eifriger sein möge, dieses und jedes andere heilige Werk zu seiner Ehre und zum Heil der Seelen zu tun. Der arme, verleumdete Fra Raimondo bittet Euch, für ihn zu Gott zu beten, dass er gut und geduldig bleibe.“[23]
Zu ihrem großen Kummer war Caterina nun gezwungen, sich von ihrem poverello calunniato (armen Verleumdeten) zu trennen. Sie schickte Raimondo von Rocca aus zum Papst „mit gewissen Vorschlägen, die“, wie er sagte, „für die heilige Kirche Gottes gut gewesen wären, wenn man sie verstanden hätte;“ und in Rom verlangte der Ordensgeneral von ihm, das Amt des Priors der Minerva[24] wieder aufzunehmen, das er bereits unter Urban V. innegehabt hatte, weshalb er nicht mehr zu Caterina zurückkehren konnte. Tatsächlich sollte sie – abgesehen von wenigen Wochen – nie wieder, außer im Geiste, mit ihrem „geliebten und teuersten Vater und Sohn in Christus Jesus, der mir durch die liebe Mutter Maria gegeben wurde“, vereint sein. Drei Jahre lang bedeutete seine geistliche Fürsorge den größten Trost für sie; ihm konnte sie sich anvertrauen wie keinem anderen ihrer Beichtväter. Der Abschied war für sie sehr schmerzlich, obwohl kein Wort der Klage über ihre Lippen kam.
Der anonyme Autor der Miracoli berichtet uns von einem Mann, offenbar ein Mönch, dessen Namen er nicht nennt, der die Freundschaft Caterinas suchte und ihr heiligmäßiges Leben bewunderte, dessen Ergebenheit sich aber in fleischliche Liebe verwandelte. Schließlich aber, „als sie ihm nie ein anderes Bild als das, was rein und heilig war, zeigte“, machte ihn seine Leidenschaft so verrückt, dass er versuchte, ihr in der Kirche das Leben zu nehmen. „Einige Tage später verließ dieser Mönch seinen Orden, legte den Habit ab und kehrte in sein Haus in der Nähe von Siena zurück, wo er ziemlich verzweifelt lebte. Als sie erfuhr, dass er weggegangen war, betete sie für ihn, Gott möge sich seiner Seele erbarmen. Zuletzt aber verharrte dieser Mann in seiner Verzweiflung und erhängte sich.“[25] Einer der Briefe Caterinas ist an einen Mönch gerichtet, der seinen Orden verlassen hatte – ein insgesamt inniger und besonders liebevoller Brief, der so endet: „Wenn ich bei Euch wäre, wüsste ich, welcher Dämon mir mein kleines Schäflein geraubt hat und welches Band es gefangen hält, damit es nicht mit den anderen zur Herde zurückkehrt. Aber ich will versuchen, es mithilfe eines unausgesetzten Gebetes herauszufinden, und mit diesem Messer das Band durchtrennen, das es festhält. Dann wird meine Seele froh sein.“[26] Aber hier handelt es sich vermutlich um einen anderen Mann.
Unter der Korrespondenz, die Caterinas Schülern untereinander führten, finden sich zwei schmerzliche Briefe, die um diese Zeit an Neri di Landoccio auf der Burg Rocca gerichtet wurden. In einem wundert sich der Schreiber – in Beantwortung einer freundlichen Nachricht, die ihm von Gabriele Piccolomini übermittelt wurde –, dass Neri sich seiner erinnert, wo er doch „ein Gefäß der Verachtung“ geworden ist und sich schämt, einem Diener oder Freund Gottes zu schreiben. „Ich war einst Dein sehr teurer Bruder“, sagt er im anderen Brief, „aber jetzt fühle ich mich seit langer Zeit im Stich gelassen und aus jenem Buch gelöscht, das mir früher so süße Nahrung bedeutete. Wundere Dich nicht, wenn ich Dir nicht geschrieben habe oder nicht mehr schreiben werde, bis ich zurückkehre, um die Früchte des wahren Gehorsams, der Geduld und der wahren Demut zu ernten. Aber ich bin schon so lange vom rechten Weg abgekommen, dass ich es fast für unmöglich halte, diese Nahrung je wieder zu finden oder zu verkosten oder an einen Ort der Ruhe zu gelangen. Und dies ist mir widerfahren, weil ich das Auge meines Verstandes mit Finsternis bedeckt und das Licht aus meiner Seele vertrieben habe. Ich habe keinen Hunger und keinen Appetit mehr auf das Gute.“ Der erste Brief ist mit „F.S.“ gezeichnet, aber am Ende des zweiten Briefes sagt er: „Ich setze meinen Namen nicht darunter, weil ich nicht weiß, ob ich noch einen Namen habe.“
Man hat häufig angenommen, dass der Verfasser dieser beiden Briefe jener oben erwähnte unglückliche Mann war. Aber eine Untersuchung der ursprünglichen Handschrift und ein Vergleich mit dem authentischen Text eines von Caterinas eigenen Briefen lassen mit ziemlicher Sicherheit darauf schließen, dass sie von Fra Simone da Cortona geschrieben wurden, und zwar in einem der chronischen Anfälle von Depression und geistigem Elend dieses jungen Mönchs.[27] In der Tat ist Caterinas Brief an Simone offensichtlich eine Antwort auf das, was er an Neri geschrieben hatte. Indem sie ihn als „liebsten ‚namenlosen‘ Sohn in Christus, dem lieben Jesus“ anredet, fordert sie ihn auf, „wie ein tapferer Ritter“ gegen alle Hindernisse und Versuchungen zu kämpfen – eine Schlacht, in der wir keinen Sieg erringen können, „wenn wir nicht das Licht des heiligsten Glaubens haben. Um aber in den Besitz dieses Lichtes zu kommen, muss vom Auge unseres Verstandes zuerst die Kruste aller unserer irdischen Neigungen entfernt und die Wolke der Eigenliebe verscheucht werden, denn die Eigenliebe raubt uns das Licht, sowohl das geistige als auch das zeitliche.“ Sie ermahnt ihn, in all seinen Nöten auf die Liebe Gottes zu vertrauen, der diese Dinge aus Liebe zu uns zulässt, auch wenn wir das manchmal nicht erkennen können. Aus Mangel an Licht – weil die Eigenliebe die Pupille des Auges unseres Glaubens verdeckt hat – „meinen wir, von Gott verstoßen zu sein. Das aber führt uns in die Mutlosigkeit, so dass wir unsere Arbeit unterlassen, weil wir denken, von Gott nicht angenommen zu sein, und so werden wir müde und uns selbst unerträglich.“ Aber durch das Blut Christi werden wir lernen, dass Gott uns nicht über unsere Kräfte hinaus versucht werden lässt. Wer das Kreuz umarmt und seine Gebete und geistlichen Übungen nicht aufgibt, sondern ohne Nachlässigkeit und Verwirrung Gott dient und den Regeln seines Ordens gehorcht, der wird im Blut des gekreuzigten Christus das heilige Verlangen nach der Ehre Gottes und dem Heil der Seelen finden. „Dann werdet Ihr Euch wieder einen Namen machen – und ich habe meinen Sohn wiedergefunden.“[28]
Nach einem erfolglosen Versuch von Piero Gambacorti Anfang März, zwischen den Florentinern und dem Papst zu vermitteln, ging der Krieg in der Zwischenzeit weiter. Im April wechselte Hawkwood mit seiner gesamten englischen Kompanie auf die Seite der Liga, doch wurde dies wenige Monate später durch den Seitenwechsel von Rodolfo Varano ausgeglichen, der – als die Florentiner sich weigerten, ihm Fabriano zu überlassen – sein Kommando niederlegte und in den Dienst der Kirche trat. Nach einigem Zögern unterwarfen sich die Bologneser schließlich im Mai dem Papst.[29] Francesco di Vico verließ ebenfalls die Liga und schloss im eigenen Namen Frieden mit der Kirche. Nachdem der Versuch, Talamon mit Waffengewalt zurückzuerobern, gescheitert war, rächten sich die Sieneser, indem sie das Hoheitsgebiet des Grafen von Nola verwüsteten, worauf der Kardinal von Genf eine Abteilung seiner Bretonen aussandte, um Grosseto anzugreifen und die Sieneser Maremmen zu verheeren. Diese gefürchteten Söldner hatten sich im offenen Kampf als wenig schlagkräftig erwiesen und wurden Ende September von Hawkwood, den die Florentiner zur Unterstützung ihrer Alliierten entsandt hatten, aufgerieben.
Trincio de‘ Trinci, Herr von Foligno und Gonfaloniere der Kirche, der Schwiegersohn des Marquis von Ferrara (dessen Tochter, Jacoma d’Este, er geheiratet hatte), führte in Umbrien den Kampf gegen die Anhänger der Liga mit Heftigkeit fort und bedrängte die Perugianer mit den kirchlichen Streitkräften. Trincio und sein Bruder Corrado waren wilde Despoten des üblichen mittelalterlichen Typs, aber Caterina empfand eine besondere Sorge für sie als die Brüder ihrer geliebten Madonna Biancina Salimbeni. Am 14. September, dem Fest der Kreuzerhöhung, richtete sie einen langen Brief an die beiden über die Liebe Gottes, die sich vor allem im Geheimnis der Erlösung durch die Kreuzigung zeigt und nur den Augen jener Selbstverliebten verborgen bleibt, die in den Dingen der Welt aufgehen oder in den Sumpf der Sinnlichkeit versinken. Sie beglückwünscht sie zwar zu ihrer Treue zur Kirche, ermahnt sie aber zugleich, ihren Lebenswandel radikal zu ändern.[30] Trincio hatte bereits eine ähnliche Mahnung vom Franziskaner-Terziaren und Propheten Tommaso Unzio erhalten, dem er gedroht hatte, ihn lebendig zu verbrennen, und der ihn gewarnt hatte, er würde so lange leben, wie die große Glocke der Kommune intakt bleibe. Er war offenbar tief bewegt, hatte aber nur wenig Zeit zur Besserung. Als sich Graf Lucio di Lando, einer der Führer der Liga, mit einer florentinischen Streitmacht gegen Camerino näherte, erhoben sich die Feinde der Trinci; und am 28. September, als die große Glocke beim Signal für die Verschwörer zerbrach, drangen sie in Trincios Palast ein, erstachen ihn und stürzten den noch zitternden Körper vom Balkon auf die darunterliegende Piazza, wo er für einige Tage unbestattet liegen blieb. Corrado war in Anagni, als dies geschah. Er eilte nach Spoleto, um seine Chance abzuwarten, und drang dann am 6. Dezember auf Einladung des Volkes in Foligno ein. Es gab ein allgemeines Massaker an den Feinden der Trinci, und Corrado wurde zum Herrn der Stadt ernannt.
„Haltet Euch an den gekreuzigten Christus“, hatte Caterina an die verwitwete Jacoma d’Este geschrieben, als sie die Nachricht von Trincios Tod erreichte, „und beginnt, ihm von ganzem Herzen und aus ganzer Seele zu dienen. Ertragt mit wahrer Geduld die heilige Prüfung, die Gott – nicht aus Hass, sondern aus Liebe für das Heil seiner Seele – Euch auferlegt hat. Er hatte sich seiner so erbarmt, dass Er ihn im Dienst der heiligen Kirche sterben ließ. Gott, der ihm mit besonderer Liebe zugetan war und seine Rettung sicherstellen wollte, ließ ihn dieses Schicksal ereilen, das süß für seine Seele war. Und Ihr solltet die Seele mehr lieben als den Leib, denn der Leib ist sterblich und ein endliches Ding, die Seele aber ist unsterblich und unendlich. So seht Ihr also, dass die höchste Vorsehung für sein Heil gesorgt hat. Euch hingegen hat sie dazu ausersehen, diese Last zu tragen, um Euch im ewigen Leben dafür belohnen zu können. Ich verspreche Euch, liebste Schwester, wenn Ihr so handelt, wird Gott Euch noch einmal in Euer irdisches Haus einsetzen, und am Ende werdet Ihr in Eure wahre Heimat zurückkehren, ins himmlische Jerusalem, in die Vision des Friedens.“[31]
Im Laufe des Sommers fanden weitere Friedensverhandlungen statt, die jedoch an den überzogenen Forderungen des Papstes scheiterten. Nach vier Monaten in Anagni, wohin sich Gregor Ende Mai begeben hatte, kehrten die florentinischen Gesandten zurück und bezeichneten die Lage als hoffnungslos. Am Morgen des 6. Oktober (1377) berief die Signoria eine Versammlung aller Bürger in den Palazzo Vecchio ein, um den Bericht der Gesandten zu hören. Daraufhin wurde einstimmig erklärt, dass die Bedingungen des Papstes abzulehnen seien und der Krieg um jeden Preis fortgesetzt werden müsse. Ristoro Canigiani, der eifrige Schüler Caterinas, der im Namen des Kollegiums der Zehn der Freiheit sprach, war davon ebenso überzeugt wie Donato Barbadori selbst, der als Sprecher des Kollegiums der Gonfalonieri fungierte. Es wurde beschlossen, den Krieg fortzusetzen, bis ein günstigerer Friede zu erzielen sei, das Interdikt aufzuheben und die Messe in ganz Florenz und im Umland wieder zu feiern. Die Geistlichen, die den Herrschaftsbereich der Republik verlassen hatten, wurden unter schwersten Strafen zur Rückkehr aufgefordert, und alle Bürger waren verpflichtet, unter Androhung von Denunziation an der Messe teilzunehmen, wobei keine Entschuldigungen akzeptiert wurden. Die Acht wurden für ein weiteres Jahr im Amt bestätigt und ein neuer Magistrat von zehn Mitgliedern ernannt, der den Priestern und Ordensleuten weitere Steuern auferlegen und die Bürger zwingen sollte, den Kirchenbesitz käuflich zu erwerben. Die Auflehnung gegen das Interdikt erfolgte feierlich am 18. Oktober. Die Madonna von Impruneta[32] wurde nach Florenz gebracht und in einer Prozession mit dem Haupt des heiligen Zanobius zur Piazza della Signoria getragen, wo an einem auf einem Podest errichteten Altar die Messe gelesen wurde und einer der Augustinermönche von Santo Spirito von der Balustrade des Palastes aus eine leidenschaftliche Predigt an die Menge hielt.[33]
Gregor hatte sich in der Tat in eine unhaltbare Lage gebracht. Er hatte sich den Sienesen noch mehr entfremdet, indem er die Botschafter, die sie zu ihm nach Anagni geschickt hatten, inhaftierte. Zudem hatte er die Gelder der Kirche für die Söldner vergeudet, die täglich seine Fahnen verließen. Am 12. Oktober schrieb er klagend an die Königin Johanna, dass es ihm angesichts der großen Unterstützung, die er von ihr erhalten habe, sehr leidtäte, sie nochmals belasten zu müssen, aber Christus sei sein Zeuge, dass er nicht wisse, zu wem außer ihr er seine Zuflucht nehmen solle.[34] Am 29. Oktober schlugen Bartolommeo di Smeduccio und die Grafen Lucio di Lando und Francesco da Matelica den mit päpstlichen Bretonen verstärkten Rodolfo Varano vernichtend und verfolgten ihn bis zu den Mauern von Camerino. Mehrere hundert wurden getötet, etwa tausend gefangen genommen, und die eroberten Banner wurden im Triumph nach Florenz gebracht und durch die Straßen geschleift.
Wie andere schwache Männer in ähnlicher Lage scheint Gregor seinen Zorn an denjenigen ausgelassen zu haben, die keinen Widerstand leisteten. Die Vorschläge, die Raimondo von Caterina an den Papst überbrachte und die „für die Kirche nützlich wären, wenn man sie verstanden hätte“, wollte dieser nicht annehmen. Er war schwer verärgert über Caterina, die, wie er offenbar annahm, nach Florenz hätte gehen oder nach Rom kommen sollen, anstatt im Umland von Siena für die Seelen zu wirken; jedenfalls hätte sie etwas tun sollen, das sie nicht getan hatte. Raimondo fühlte sich, vor allem während der Abwesenheit des Papstes in Anagni, mit viel Misstrauen und Missgunst beobachtet. „Seid getrost“, schrieb Caterina an ihn. „Gott hat für Euch gesorgt und wird für Euch sorgen, und Seine Vorsehung wird Euch nicht fehlen. Nehmt in allen Dingen Zuflucht zu Maria und umarmt das heilige Kreuz. Lasst Euch nicht in einen Zustand der Gemütsverwirrung fallen, sondern segelt über die stürmische See im Boot der göttlichen Barmherzigkeit.“ Für ihren Teil gesteht sie demütig, dass der Papst recht hat, wenn er ihre Nachlässigkeit beklagt, und verspricht, seinen Anordnungen künftig vollkommener zu gehorchen. Möge Gott Seinem Stellvertreter die Gnade verleihen, sich wie ein Lamm mitten unter die Wölfe zu wagen und die Sorge um die zeitlichen Dinge beiseite zu legen und sich nur um die geistlichen zu kümmern. „Wenn er das tut (was die göttliche Güte von ihm verlangt), wird das Lamm über die Wölfe herrschen, und die Wölfe werden zu Lämmern werden; und so werden wir die Herrlichkeit und das Lob Gottes erfahren, das Wohl und den Frieden der heiligen Kirche. Auf keine andere Weise kann es geschehen: nicht durch Krieg, sondern durch Frieden und Wohlwollen und durch jene heilige geistliche Bestrafung, die ein Vater seinem Sohn erteilen sollte, wenn er Unrecht tut.“
Dann wendet sich Caterina plötzlich direkt an den Papst: „O weh, o weh, o weh! Heiligster Vater, hättet Ihr das doch gleich am ersten Tag getan, als Ihr an Euren angestammten Platz zurückkamt! Aber ich hoffe auf die Güte Gottes und auf Eure Heiligkeit, dass Ihr noch tun werdet, was nicht geschehen ist. Auf diese Weise werden sich sowohl die weltlichen als auch die geistlichen Güter in Ordnung bringen lassen. Ihr wisst ja (da es Euch gesagt wurde), was Gott von Euch verlangt: dass Ihr für die Erneuerung der heiligen Kirche sorgt, Missstände und Fehler ahndet, tugendhafte Hirten einsetzt und die Gelegenheit ergreift für einen heiligen Frieden mit Euren ungehorsamen Kindern – und zwar auf die bestmögliche und Gott wohlgefälligste Weise. So könnt Ihr dann mit der Wiederherstellung beginnen, indem Ihr das Banner des heiligsten Kreuzes gegen die Ungläubigen erhebt. Wir müssen Friede und Güte als Mittel einsetzen, nicht Grausamkeit und Krieg. Jene, die gesündigt haben, müssen bestraft werden. Aber nicht so, wie sie es verdienten (denn das würden sie nicht ertragen), sondern so, wie es einem Kranken zugemutet werden kann!
Unsere Nachlässigkeit und der fehlende Eifer, das Mögliche zu tun, das scheint mir vielleicht der eigentliche Grund zu sein für all diese Zerstörung und die Lästerungen gegenüber der heiligen Kirche und ihren Dienern. Und ich fürchte, wenn wir nicht versuchen, die bisherigen Versäumnisse wiedergutzumachen, werden wir unserer Sünden wegen sogar noch größere Übel kommen sehen – und damit meine ich solche, die uns weit mehr bekümmern würden als der Verlust irdischer Dinge. Alle diese Übel und die Leiden, die über Euch gekommen sind, habe ich Erbärmliche verursacht, und zwar wegen meiner geringen Tugend und meines großen Ungehorsams.
Heiligster Vater, mildert Euren Unmut gegen mich im Lichte der Vernunft und der Wahrheit – nicht meine Bestrafung, sondern nur Euren Unmut.[35] Zu wem könnte ich fliehen, wenn Ihr mich vertreibt? Wer würde mir zu Hilfe kommen? Bei wem könnte ich Zuflucht finden, wenn Ihr mich fortjagt? Wenn Verfolger mich verfolgen, so flüchte ich mich zu Euch und zu den anderen Söhnen und Dienern Gottes. Und wenn Ihr mich verlasst, weil Ihr Unmut und Missfallen gegen mich empfindet, werde ich mich in den Wunden des gekreuzigten Christus verbergen, dessen Stellvertreter Ihr seid; und ich weiß, dass er mich aufnehmen wird, denn er will nicht den Tod des Sünders. Und wenn ich von ihm aufgenommen werde, werdet auch Ihr mich nicht vertreiben. Nein, wir werden an unserem Platz bleiben, um mit den Waffen der Tugend für die liebe Braut Christi mutig zu kämpfen. In ihr möchte ich mein Leben beenden, mit Tränen, Schweiß und Seufzern, und für sie will ich mein Blut hingeben und das Mark meiner Knochen. Und wenn auch die ganze Welt mich fortjagen wollte, so wird es mich nicht kümmern, weil ich mit Tränen und großem Erdulden an der Brust dieser lieben Braut Ruhe finden werde. Verzeiht mir, Heiliger Vater, für all meine Unwissenheit und für das Vergehen, das ich gegen Gott und gegen Eure Heiligkeit begangen habe. Möge die Wahrheit, die ewige Wahrheit, mich entschuldigen und mich frei machen. Demütig bitte ich um Euren Segen.“[36]
Raimondo hatte keine Gelegenheit gehabt, den Papst persönlich zu sehen, bevor dieser am 7. November nach Rom zurückgekehrt war. Er scheint ihn aber dann über Caterinas Verhalten beruhigt zu haben, weil wir erfahren, dass sie durch Briefe vom „dolce babbo“, die sie von ihm selbst erhalten habe, getröstet worden sei.[37]
Es scheint, dass sie diese Adventszeit auf Rocca verbrachte, körperlich und seelisch sehr geplagt, aber dennoch voll Freude über die neue Gabe des Schreibens, von der sie überzeugt war, sie auf wundersame Weise erworben zu haben. „Du hast mir geschrieben“, schreibt sie an Alessa, „dass es Dir schien, als ob Gott Dich zwingen würde, für mich zu beten. Dank sei der göttlichen Güte, die meiner unwürdigen Seele eine so überströmende Liebe erweist. Du trägst mir auf, dass ich Dir schreiben soll, ob ich leidend sei und die um diese Zeit üblichen Krankheiten habe. Darauf antworte ich, dass Gott wunderbar für mich gesorgt hat, innerlich und äußerlich. Körperlich hat er in diesem Advent sehr viel für mich bewirkt, indem er mich dazu gebracht hat, meine Leiden durch das Schreiben zu lindern. Und es ist wahr, dass sie dank Seiner Güte schlimmer waren als bisher. Ich will, dass Leiden meine Nahrung, Tränen mein Trank und Schweiß meine Salbe seien. Ich wünsche mir Leiden, damit ich stark werde; Leiden, dass ich heil werde; Leiden, die mir Erleuchtung schenken; Leiden, die mir Weisheit verleihen; Leiden, die meine Nacktheit bekleiden; Leiden, die mich von aller geistlichen und weltlichen Eigenliebe reinigen. Der Schmerz, den ich empfunden habe, als mir jeglicher Trost der Geschöpfe genommen wurde, hat mich meinen Mangel an Tugend und meine eigene Unvollkommenheit erkennen lassen, und wie vollkommen das Licht der süßen Wahrheit ist, die heilige Wünsche schenkt und sie annimmt – und nicht die Geschöpfe. Er hat mir trotz meines Undanks, meines schwachen Lichtes und meiner geringen Kenntnis seine Güte nicht entzogen, sondern er hat nur auf seine höchste Güte geschaut. Ich bitte dich, meine liebste Tochter, um der Liebe des gekreuzigten Christus willen, im Gebet nicht nachzulassen, ja es zu verdoppeln, denn ich habe es nötiger, als du ahnst, und der Güte Gottes in meinem Namen zu danken. Und bitte ihn, er möge mir die Gnade verleihen, mein Leben für ihn hinzugeben.“[38]
Zu Beginn des neuen Jahres 1378 scheint Caterina nach Siena zurückgekehrt zu sein. Aber ihr Aufenthalt war wieder von kurzer Dauer. Denn kaum war sie angekommen, als sie durch Fra Raimondo den päpstlichen Befehl erhielt, sofort nach Florenz zu reisen.
[1] Das heißt, die Rückkehr der Kirche zu ihrem ursprünglichen Zustand der Armut und Reinheit durch die Preisgabe ihrer irdischen Besitzungen. Vgl. Brief 209 (2), korrigiert durch das Harley-MS., welches besagt, dass dieser Brief an den Papst, „poi che fu giunto a Roma – dann, als er nach Rom gekommen war“, gesandt wurde, was auch durch innere Anhaltspunkte bestätigt wird. Gigli und Tommaseo befinden sich eindeutig im Irrtum, wenn sie ihn einem früheren Datum zuordnen. Das Postskriptum im MS. lautet: „Ich glaube, dass Fra Jacopo da Padova, der Überbringer dieses Briefes, ein wahrer und lieber Diener Gottes ist. Ich empfehle ihn Euch und bitte Eure Heiligkeit, ihn und die anderen immer in Eurer Nähe zu behalten.“ Fra Jacopo da Padova war ein Olivetanermönch, einer von Caterinas Briefpartnern, der später Prior von San Bartolommeo außerhalb von Florenz wurde.
[2] Barth. Senensis, op. cit., Lib. I. Kap. 8. Das ist unser einziger Beweis für diese Gesandtschaft, die sich – nach dem Wortlaut von Caterinas Antwortschreiben – offensichtlich während des Aufenthalts des Papstes in Corneto ereignete.
[3] Brief 285 (14), ergänzt durch das Harley-MS. Die Gesandten waren Andrea di Conte, Giovanni Vincenti und drei andere. Vgl. O. Malavolti, S. 143v., 144, und die Cronica Sanese, S. 252. Am 25. November (1376) hatte die Signoria von Florenz die Sienesen gebeten, die Entsendung der Botschafter auszusetzen, da die Zeit gekommen war, in der alle Bundesgenossen zusammenkommen sollten, um den allgemeinen Nutzen des Bündnisses zu prüfen. Gherardi, op. cit., Dok. 321.
[4] Gherardi, op. cit., S. 71, 72. St. Antoninus berichtet (III. S. 384), der Papst habe von Corneto aus an die Florentiner geschrieben und sie aufgefordert, ihm dieselben Gesandten zu schicken, die auch in Avignon gewesen waren. Es ist jedoch urkundlich belegt, dass sie bereits im November ernannt worden waren.
[5] Die umfassendsten Berichte über das Massaker finden sich in der Cronica di Bologna, S. 510; in der Cronica Sanese, S. 252–254, und bei Antoninus, III. S. 383, der in gewisser Weise die Engländer von den schlimmsten Gräueltaten entlastet. Zum gesamten Komplex vgl. L’eccidio di Cesena del 1377 di anonimo scrittore coetaneo, hgg. G. Gori (Archivio Storico Italiano, N. S. Bd. viii. Teil 2), und Canestrini, op. cit., S. xlvi.n. Zeitgenössische Dokumente weichen in den Einzelheiten und in den Zahlenangaben der Getöteten auf beiden Seiten erheblich voneinander ab. Dass 4000 Einwohner während des Massakers starben, ist die niedrigste Schätzung.
[6] Denn die Schlechtigkeit der Priester und Kirchenmänner bestärkt die Gegner des Heiligen Stuhls.
[7] Brief 270 (12). Das Datum 16. April 1377 wird im Harley- und im Palatino MS. angegeben.
[8] Es war verboten, befestigte Plätze ohne Erlaubnis der Kommune zu veräußern, aber die Heilige verweist in ihrer Petition darauf, dass die Burg eine Ruine sei und dass sie nichts ohne die Genehmigung der Verteidiger tun würde. Die Petition wurde vom Allgemeinen Rat der Glocke mit 333 gegen 65 Stimmen angenommen. Vgl. das bei Grottanelli zitierte Dokument, Anmerkungen zur Leggenda minore, S. 219–222, und Legenda, II. vii. 17–20 (§§ 235–238). In der Nähe befand sich das Kartäuserkloster Belriguardo, aus dem auch einige Mönche zu den Schülern und Korrespondenten Caterinas gehörten.
[9] Ich folge der Palatina MS. 59, die den Inhalt dieses Briefes besser wiedergibt als Gigli (266) oder Tommaseo (45). Der Brief gehört auch zu jenen, die in der Bologneser Ausgabe von 1492 enthalten sind.
[10] Contestatio Francisci de Malavoltis, Kap. i., MS. cit., S. 433; [Prozess, S. 562].
[11] Brief 260 (309). Vgl. Cronica Sanese, S. 251.
[12] [Die Enthauptung des Niccolò Toldo erfolgte am 4. Juni 1375, vgl. Documenti IX, Fontes vitae … 1, S. 31].
[13] Contestatio Fr. Thomae, Processus, S. 1266 [Prozess, S. 67–68]. Die Erzählung ist eine von Fra Tommasos Ergänzungen in der Leggenda minore, S. 93, 94 [II, 7], weil Fra Raimondo – der damals nicht in Siena war – sie nicht erwähnt. Siehe unten, Kap. XVI.
[14] In der Cronica Sanese lesen wir im Jahr 1373: „Agnolino di Giovanni Salimbeni ne mandò a marito due sue sorelle di Dicembre. El Comune di Siena mandò gente a far lo‘scorta“ (col. 236).
[15] Briefe 112 (329), 113 (330), 114 (267), 115 (332).
[16] Legenda, II. ix. 7 - 9 (§§ 274–276); Contestatio Francisci de Malavoltis, Kap. iv., MS. cit., S. 446–453 [Prozess, S. 579–585]. Vgl. Augusta Drane, II. S. 61– 66.
[17] Ibid., II. vii. 21–22 (§§ 239, 240). Vgl. Processus, S. 1271 [Prozess, S. 595–596].
[18] Brief 118 (175).
[19] Brief 117 (167). Caterinas Mutter war zu dieser Zeit bereits selbst eine Mantellatin. In einem Schreiben Gregors XI. wurden Lapa, Cecca, Lisa und Alessa, „Sieneser Witwen, Schwestern der Buße des heiligen Dominikus“ besondere geistliche Gunstbezeugungen gewährt. Vgl. Tommaso Caffarini, Tractatus super informatione, etc., S. 13.
[20] Brief 121 (201).
[21] Brief 120 (344).
[22] Brief 123 (202).
[23] Brief 122 (304).
[24] Kirche und Kloster der Dominikaner in Rom, benannt nach dem ursprünglich an dieser Stelle befindlichen Heiligtum der römischen Göttin Minerva.
[25] Siehe Grottanelli, Anmerkungen zur Leggenda minore, S. 354, 355; vgl. die unterschiedliche Darstellung in der Legenda, III. vi. 14 (§ 408).
[26] Brief 173 (134). Eine beinahe zeitgleiche lateinische Version eines Teils davon findet sich im Vatikan, Cod. Vat. Lat. 939. Vgl. Brief 192 (275), in dem Caterina Neri di Landoccio – der stets in Furcht wegen seiner eigenen endgültigen Standhaftigkeit lebte – versichert, „dass Gott bei Dir nicht zulassen wird, was er bei jenem anderen zugelassen hat“.
[27] Sie sind im MS. T. iii. 3 der Biblioteca Comunale von Siena enthalten und von Grottanelli in den Lettere dei discepoli, 7 und 8, abgedruckt.
[28] Brief 56 (86), aber keine der gedruckten Ausgaben (ausgenommen die Bologneser aus 1492), enthält die tatsächliche Einleitung zu diesem Brief, die ihn mit dem verbindet, was Simone geschrieben hatte: Carissimo figliulo senza nome in Cristo dolce Gesù; so im MS. 102 der Biblioteca Nazionale V.E. in Rom.
[29] Vgl. Caterinas eher unbestimmten Brief 268 (200) an die Anziani und Konsuln und Gonfalonieri von Bologna, der in diesem Jahr geschrieben worden zu sein scheint. Obwohl die Bologneser die päpstliche Souveränität anerkannten, behielten sie ihre republikanischen Freiheiten.
[30] Brief 253(194). Was die Undankbarkeit des Papstes und den angeblichen Verrat des Kardinals von Genf betrifft (auf den sich Caterina in dem Brief nur am Rande bezieht), vgl. den Anonimo Fiorentino, S. 337, 338 und Mannis Cronichetta d‘ Incerto, S. 213.
[31] Brief 264 (324). Vgl. St. Antoninus, III. S. 385, 386 [Antoninus von Florenz OP, 1389–1459, Theologe, Prior in Fiesole, Gründer von San Marco, Erzbischof von Florenz, Verfasser einer Weltgeschichte, Chronicorum, 1523 heiliggesprochen]; Durante Dorio, Istoria della famiglia Trinci (Foligno, 1638), S. 165–174; Pellini, I. S. 1188–1190. Als Corrado, der bis 1386 über Foligno herrschte, kinderlos starb, trat Ugolino, der Sohn von Trincio und Jacoma, seine Nachfolge an, fügte Montefalco zu seinem Herrschaftsgebiet hinzu und wurde 1392 von Bonifatius IX. zum päpstlichen Vikar ernannt.
[32] [Die Wallfahrtskirche Santa Madonna dell’impruneta ist eines der wichtigsten Heiligtümer im Gebiet von Florenz und das Bildnis war mehrfach mit dem Schutz der Stadt Florenz verbunden. Tatsächlich wurde die Madonna von der zweiten Hälfte des 14. bis zur ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts viele Male nach Florenz gebracht, um Kriege, Belagerungen und ausländische Invasionen entweder zu verhindern oder zu beenden.]
[33] Anonimo Fiorentino, S. 339–341; Cronichetta d‘ Incerto, S. 212, 213.
[34] Instruktion vom 12. Oktober 1377. Pastor, Acta Inedita, Dok. 2.
[35] Das heißt: „Straft mich, so viel Ihr wollt, aber seid nicht ungerechtfertigt erzürnt.“ Ich schließe mich der Lesart miticate col lume – gemildert vom Licht, wie bei Aldo und Toresano, anstelle von mirate bei Gigli und Tommaseo an.
[36] Brief 267 (91).
[37] Brief 272 (90).
[38] Brief 119 (178). Was das Erlernen des Schreibens zu dieser Zeit betrifft, siehe weiter unten, Kapitel XVI.