Caterina im Zeugnis der Heiligen
Teresa von Avila / Kardinal Newman / Edith Stein
Die hl. Teresa von Àvila über Caterina:
Für Teresa war Caterina keine Unbekannte. Sie ging in ihrer Heimatstadt Avila gerne in die Kirche des königlichen Klosters Santo Tomas zur hl. Messe und auch zur Beichte (dabei wurde ihr einmal nach Empfang der Lossprechung auch jene berühmte Vision der Gottesmutter und des hl. Josef zuteil, die auf zahlreichen Darstellungen zu sehen ist). Dominikaner waren zudem später bei der Neugründung ihres 1. Reformklosters in Avila ihre wichtigsten Fürsprecher.
Petrus Ibanez OP verteidigte in einem Gutachten den Geist der hl. Teresa gegen ihre damaligen Kritiker aus dem Kreis der Gelehrten, indem er auf Caterina von Siena verwies: „Die hier besprochenen Dinge sind nicht neu in der Kirche … vor 150 Jahren, zur Zeit als das Konzil von Konstanz abgehalten wurde, begnadigte Gott in Siena in Italien eine Frau, namens Katharina, mit hohen Geistesgaben und heroischer Heiligkeit. Sie wurde später heiliggesprochen und ist unter dem Namen Katharina von Siena bekannt. Sie lebte in solch vertraulichem Umgang mit Gott, dass sie selbst scheinbar unglaubliche Dinge von sich erzählt: sie habe, ohne Nahrung zu sich zu nehmen, nur vom heiligsten Sakrament gelebt; der Herr habe sich ihr genaht, ihr eigenes Herz hinweggenommen und ihr ein anderes gegeben. Überdies kamen noch andere ähnliche Dinge bei ihr vor, die scheinbar der Vernunft widersprechen. Als nun Gerson, der Kanzler der Universität von Paris, ein Mann von ausgezeichneter Tugend und Gelehrsamkeit, der uns viele sehr geistvolle Werke hinterlassen hat, davon hörte, schrieb er dagegen und beantragte mit aller Entschiedenheit, man solle über diese Offenbarungen schweigen. Auch hielt er es für entsprechend, dass das Konzil mit seiner Autorität eingreifen und diese Vorgänge verdammen und verurteilen sollte. Ebenso lesen wir, dass sehr einflussreiche und beim Papst hochangesehene Männer Gegner dieser begnadeten Frau waren. Denn da sie sich nicht eigens mit ihr befassten, beurteilten sie ihre außerordentlichen Zustände nach rein menschlicher Auffassung, die gewöhnlich mit der Tugend und mit jenen, die ihr in Wahrheit ergeben sind, im Widerspruch steht. Solche haben ein besonderes Interesse daran, andere zu überzeugen, dass diese Persönlichkeiten Betrüger sind. Auch wissen wir aus Schrift und Erfahrung, dass geistliche und in der Liebe Gottes vorangeschrittene Seelen immer einige Widersacher hatten, die ihren Ruf und ihre Achtung, die sie beim Volk besaßen, schädigten. Zur Strafe derer, die in ihren eigenen Augen sich weise dünken und sich aus Neid von jenen, die mit so großen Gnadengütern beschenkt werden, an Wissen und Lebensweisheit nicht übertreffen lassen wollen, lässt Gott es zu, dass sie in Täuschung fallen und das Gute, wenn auch mit heiligem Eifer verfolgen. Manche pflegen sogar bei derartigen Vorkommnissen ihre Ansicht im Widerspruch mit der Wahrheit vorzubringen. …“ (vgl. Theresia von Jesus, Sämtliche Schriften, Bd. 1: Das Leben der heiligen Theresia von Jesus, hg. von Aloysius Alkofer OCD, München 41973, S. 517f).
Teresas Interesse an Caterina ist zunächst durch die Dominikaner ihrer Stadt geweckt worden. Auf diese Weise wurde sie dann auch mit Ihre Schriften vertraut und zu einer Verehrerin der Heiligen aus Siena, wie zwei Teststellen in den Werken Teresas deutlich belegen:
In ihrer Selbstbiographie verteidigt sie die Betrachtung der Menschheit Christi als den von ihr bevorzugten Weg zur Vollkommenheit, wobei sie sich auf verschiedene Autoritäten beruft: „Sehen wir den glorreichen hl. Paulus an, der Jesus ohne Unterlass im Munde führte, weil er ihn beständig in seinem Herzen trug. Ich habe, seitdem ich diese Wahrheit erkannte, mehrere Heilige, die auf einer hohen Stufe der Beschauung standen, mit Aufmerksamkeit betrachtet und gefunden, dass sie keinen anderen Weg gegangen sind als diesen. Der heilige Franziskus beweist es durch seine Wundmale, der heilige Antonius von Padua durch seine Vertrautheit mit dem Jesuskind, der heilige Bernhard, die heilige Katharina von Siena und viele andere Heilige fanden ihre Wonne in der Betrachtung der Menschheit Christi, wie Euer Gnaden besser wissen werden als ich …“ (Vita 22,7. Zitiert aus: Theresia von Jesus, Sämtliche Schriften, Bd. 1: Das Leben der heiligen Theresia von Jesus, hg. von Aloysius Alkofer OCD, München 41973, S. 209).
In einem Brief an die frühere und gegenwärtige Priorin in Sevilla (Brief 278) erinnert Teresa ihre Mitschwestern an das Tugendbeispiel der hl. Caterina, als sie von einer Person verleumdet und geschmäht wurde: „Trachten Sie danach, liebe Töchter, dass Sie das nicht wieder verlieren, was Sie in dieser Leidenszeit gewonnen haben! Erinnern Sie sich an die heilige Katharina von Siena und an ihr Verhalten gegen jene Person, die von ihr ausgesagt hatte, sie sei ein schlechtes Weib“ [gemeint ist damit Raimunds Bericht in der Legenda Maior über die kranke Mantellatin Palmerina, die alles Böse über Caterina zu verbreiten trachtete und dennoch von ihr liebevoll gepflegt wurde]. Teresa erinnerte ihre Mitschwestern an die Taten Caterinas, weil sie ihnen offenbar bekannt waren. (Vgl. Theresia von Jesus, Sämtliche Schriften, Bd. 4: Briefe der heiligen Theresia von Jesus, zweiter Teil, hg. von Aloysius Alkofer OCD, München 21957, S. 132).
Darüber hinaus gibt es noch drei weitere Belege, die bezeugen, wie sehr Teresa die hl. Caterina geschätzt und verehrt hat:
In ihrem Brevier fand man bei ihrem Tod eine Liste von Heiligen, welche sie verehrte. Die Liste war eine Gedächtnisstütze. Unter anderem kommen darin vor: Der heilige Dominikus, die heilige Caterina von Siena. (Vgl. Santa Teresa de Jesus, Obras completas. Transcripción, introducciones y notas de los padres Efrén de la Madre de Dios O.C.D. y Otger Steggink O. Car., Madrid, BAC, 1962, p.1091).
In ihrer Selbstbiographie (38,7) heißt es: „Einst, am Vorabend des heiligen Pfingstfestes hatte ich mich nach der Messe an einen sehr entlegenen Ort, wo ich oftmals mündlich betete, zurückgezogen und ich begann dort in einem von einem Kartäuser [Ludolph von Sachsen] verfassten Buch über dieses Fest zu lesen [Teresa ließ in allen Klöstern, die sie gründete, kleine Einsiedeleien errichten, wo sich die Schwestern zurückziehen konnten, im Josefs-Kloster in Avila gab es mehrere davon].
Nach dem Zeugnis einer Mitschwester (Isabel de Santo Domingo) hatte sie in dieser Gebetsnische Bilder „von Unserem Herrn und Unserer Lieben Frau und von anderen Heiligen, … die sie malen ließ, und sie hatte auch sehr gute Bücher.“ (Vgl. Procesos, II, 81 (= Procesos de beatificación y canonización de Sta. Teresa de Jesús, editados y anotados por el P. Silverio, 3 tomos, Burgos, Tipografía de “El Monte Carmelo”, 1934-1935).
Und Teresas Nichte, Schwester Teresa de Jesús – Tochter von Lorenzo de Cepeda und Juana de Fuentes y Espinosa –, bezeugt über ihre Tante: „Die heilige Mutter war gewohnt, den Rosenkranz zu Unserer Lieben Frau zu beten seit sie ein kleines Kind war, und gegen Ende ihres Lebens, egal ob bei einer Krankheit oder bei Beschäftigungen, unterließ sie es unter keinen Umständen zu ihr zu beten, auch wenn es noch so spät war.“ Und weiter erinnert sich diese Schwester an ihre Tante Teresa, dass sie im Kloster noch eine Eremitage zu Ehren des hl. Dominikus und der hl. Caterina von Siena errichtet habe, welche dann später beim Umbau des Klosters (mit unguten Gefühlen der Schwestern) niedergerissen wurde, wobei viele Reliquien verloren gingen. (Vgl. En Obras de Santa Teresa, BMC 2, ed. P. Silverio, t. II, Burgos, 1915, p. 336).
Sr. Ana de Jesús berichtet, dass Teresa, während sie für ein sterbenskrankes Kind betete, ihr „der hl. Dominikus und die hl. Caterina von Siena erschienen“ seien und ihr versichert hätten, dass Gott ihr das Leben dieses Kindes geschenkt habe (vgl. Procesos, I, 480). Während über eine Erscheinung des hl. Dominikus noch an anderen Stellen berichtet wird, ist eine Erscheinung Caterinas nur hier bezeugt.
Der hl. John Henry Kardinal Newman über Caterina:
„Ich begreife nicht recht, warum nie eine Frau zum Kirchenlehrer ernannt worden ist; denn wenn auch der hl. Paulus sagt, sie „sollen in der Kirche schweigen“, so spricht er von kirchlicher und formeller Lehrtätigkeit, nicht von den übernatürlichen Gaben und großen Werken wie bei einer hl. Katharina von Siena“ (Brief an Dr. Northcote, 20. Sept. 1874, John Henry Kardinal Newman, Briefe und Tagebuchaufzeichnungen, Mainz 19572, S. 618).
Die hl. Sr. Benedicta a cruce, Edith Stein über Caterina:
„So bleibt es durch alle Jahrhunderte: In der stillen Zwiesprache gottgeweihter Seelen mit ihrem Herrn werden die weithin sichtbaren Ereignisse der Kirchengeschichte vorbereitet, die das Angesicht der Erde erneuern. Die Jungfrau, die jedes gottgesandte Wort in ihrem Herzen bewahrte, ist das Vorbild jener lauschenden Seelen, in denen das hohepriesterliche Gebet Jesu immer wieder auflebt. Und Frauen, die gleich ihr sich selbst völlig vergaßen über der Versenkung in das Leben und Leiden Christi, erwählte der Herr mit Vorliebe zu seinen Werkzeugen, um Großes in der Kirche zu vollbringen: eine heilige Brigitta, Katharina von Siena“ (Edith Stein, Das Gebet der Kirche, in: Verborgenes Leben, Bd. XI, Herder 1987, S. 18).