Francesco di Pipino und seine Frau Agnesa

Caterina hatte in Florenz ihre menschlich intensivsten Kontakte und Beziehungen nicht mit den Repräsentanten der Aristokratie und des wohlhabenden Bürgertums unterhalten, sondern mit dem Schneider Francesco di Pipino und seiner Frau Agnesa. Sie hatte die beiden während ihres Aufenthalts in Florenz im Jahre 1376 kennengelernt und seitdem waren sie ihre Freunde und Schüler geworden. Ihr Haus lag an der Piazza del Grano in der Nähe von Santa Croce und war ein Zentrum der florentinischen Laienfrömmigkeit.
Insgesamt 13 Briefe hat Caterina an Francesco und Agnesa gerichtet, die hier aufgelistet werden. Einige weitere Briefe sind auch zugleich an das mit ihnen befreundete Ehepaar Orsa und Bartalo Usimbardi adressiert.
Die 13 Briefe im Überblick
1. Ich werde nach Dir schicken
Brief 288 (Juni / Juli 1378). In diesem ersten von vielen Briefen antwortet Caterina auf einige „Angebote“, die ihr Agnesa übermittelt hatte, unter anderem, dass sie selbst kommen würde, um Caterina abzuholen. Caterina empfiehlt ihr und ihrem Gatten, sich im Herzen des Erlösers zu „verbergen“ und das Blut Christi zu betrachten.
2. Faste nicht zu viel!
Brief 174 (August 1378). Dieser zweite Brief entstand kurz nach Caterinas Rückkehr von Florenz nach Siena im August 1378. Sie tröstet ihre Freunde, es gehe ihr gut und sie hoffe auf ein Wiedersehen. Ihre Anweisungen an Agnesa: Fasten mit Maß. Das Ziel muss die Demut sein und die barmherzige Liebe zu allen Menschen.
3. Gib Francesco das Buch und die Bulle
Brief 179 (Mitte August 1378). Caterina hatte nach Ausbruch des Aufstandes in Florenz bei ihrem eiligen Verlassen der Stadt wertvolle Sachen im Haus ihrer Freunde zurückgelassen: das Manuskript ihres begonnenen Buches (Dialog) und die Bulle von Gregor XI., mit der Erlaubnis, dass die Priester, die sie begleiteten, überall und zu jeder Tages- oder Nachtzeit auch in den Gebieten des Interdikts die Sakramente spenden und auf dem Reisealtar (Tragaltar) die hl. Messe feiern dürfen. Weil Siena noch bis Ende August bzw. Anfang September unter dem Interdikt blieb, war Gregors Bulle für sie in Siena notwendig und wichtig zur Feier der hl. Messe, weshalb sie kurz nach ihrer Ankunft in Siena einen gewissen „Francesco“ (es handelte sich um Francesco Malavolti) nach Florenz zu Francesco Pipino schickte, um die wichtigen Schriftstücke zu holen.
4. Verbirg Dich im Herzen Jesu!
Brief 251 (September 1378). Caterina hat inzwischen auch mehrmals an Francesco und Agnesa geschrieben, was ihre enge Freundschaft zum Ausdruck bringt. Dieser erneute Brief an Agnesa allein ist eine Ermutigung, die Nächstenliebe weiter zu üben. Sie möge vom Kreuz nicht weggehen und sich im Herzen des Erlösers verbergen. So werde ihre Liebe zu den Seelen und ihr Einsatz für deren Heil immer lebendig bleiben.
5. Keine derartigen Bußübungen!
Brief 300 (4. Oktober 1378). Ein weiterer Brief mit der Aufforderung zu Gebet und Buße für die Nöte der Menschen, „weil die ganze Welt dessen bedarf“, und dazu die Anweisung, sich im Herzen des Erlösers zu verbergen. Gleichzeitig aber verbietet ihr Caterina die allzu rigorosen Bußübungen.
6. Das Verlangen muss wachsen
Brief 176 (13. Oktober 1378). Am 4. Oktober hatte Caterina an Francescos Frau Agnesa geschrieben. Jetzt, neun Tage später, schreibt sie einen Brief an Francesco (mit einer Anmerkung für Agnesa). Der Brief ist eine Aufforderung, im Bemühen der Nachfolge Christi nicht nachzulassen.
7. Ihr müsst „Holz“ ins Feuer legen
Brief 290 (Ende Oktober 1378). Caterina wiederholt ihre Aufforderung, in den Übungen der Tugenden nicht nachzulassen. Was ihre bevorstehende Reise nach Rom betrifft, so werde sie ihnen noch Genaueres schreiben. Zugleich mit diesem Brief schickt sie sieben weitere Briefe mit, die Francesco so schnell wie möglich weiterleiten möge.
8. Meidet schlechte Ratgeber!
Brief 190 (Ende Oktober 1378). In diesem Brief finden wir die erste Andeutung auf irgendein unerwünschtes Verhalten, speziell dass Francesco und Agnesa mit jenen verbunden seien, „die ohne Gottesfurcht leben.“ Caterina sagt weiters: „Wir haben ein solches Beispiel vor uns, dass wir uns immer davor fürchten müssen“. Worum es sich handelt, wird nicht erwähnt. Erst später nach ihrer Ankunft in Rom geht sie darauf näher ein.
9. Mitte Monat werde ich nach Rom abreisen
Brief 289 (4. November 1378). Ihr letzter Brief an Francesco und Agnesa vor ihrer Abreise nach Rom. Sie deutet die Reiseroute an. Ebenso werden mit diesem Schreiben weitere Briefe mitgeschickt, die an verschiedene Adressaten zu verteilen sind. Auch einige mündliche Nachrichten möge Francesco weitergeben.
10. Legt ab allen Eigenwillen!
Brief 265 (Anfang Januar 1379). Caterinas erster Brief aus Rom an Francesco und Agnesa, in dem sie eingesteht, dass sie ihnen schon lange nicht geschrieben hat. Nun aber gibt es einen Grund für einen kurzen Brief, da ihr „gewisse Torheiten und Nachlässigkeiten“ an ihnen missfallen.
11. Bade Dich im Blut Christi!
Brief 91 (Februar 1379). Eine intensive Aufforderung an Agnesa, sich ins Blut Christi zu versenken, um an der Liebe, mit der es vergossen wurde, Anteil zu gewinnen. Die Erwähnung von Agnesas Sorge über irgendeine Sache, die ihr Gatte Francesco getan hat und nun bedauert, muss im Zusammenhang mit Br. 265 gesehen werden, den Caterina kurz zuvor an Francesco geschrieben hat.
12. Gott lässt die Prüfungen zu
Brief 249 (April 1379). Caterina ermutigt sie, in den Prüfungen standhaft zu bleiben. Zugleich schickt sie ihnen das Dokument mit dem Ablass und einige Briefe für weitere Adressaten.
13. Die Verfolger der Kirche sind unter uns
Brief 274 (Mitte Mai 1379). Erneute Ermutigung! Der Gedanke an einen Kreuzzug ist in weite Ferne gerückt, da der Kreuzzug ja in Wahrheit hier in Rom stattfinde: „Wir haben die Ungläubigen und die Verfolger der Kirche Gottes vor unserer eigenen Haustür!“