Bartolomeo Dominici

Matteo di Giovanni, die hl. Barbara, M. Magdalena und Katharina v. Alexandrien, Siena, San Domenico (Foto Mayr)

 

Unter den Priestern, die zum engsten Freundes- und Mitarbeiterkreis der heiligen Caterina gehörten, muss an zweiter Stelle nach Tommaso dalla Fonte dessen Noviziatsgefährte und Freund Bartolomeo Dominici genannt werden.

Bartolomeo wurde 1344 in Siena geboren. Bereits mit 15 Jahren trat er hier bei den Dominikanern ein, erwarb sich im Laufe der Jahre eine reiche theologische und literarische Bildung und stand bei seinen Mitbrüdern in hohem Ansehen. Von den Oberen beauftragt – er hatte den Titel eines Magisters erworben –, unterrichtete er auf den Ordenshochschulen in Pisa und Florenz. Er war Oberer in verschiedenen Konventen, Prior in San Domenico in Siena, dann Provinzial der Römischen Provinz und präsidierte schließlich anstelle von Raimund von Capua das Generalkapitel des Ordens in Wien im Jahre 1388, wo die Ordensreform beschlossen wurde. Bei dieser Gelegenheit schrieb er sich in die Matrikel der Wiener Universität ein: „Bartolomeo Dominici aus Siena, Professor der Heiligen Theologie und nun stellvertretender Generalmagister des Predigerordens.” Der Papst ernannte ihn schließlich zum Titularbischof von Corona in Morea. Am 3. Juli 1415 starb er in Rimini an der Pest (vgl. Nec. 28).

Fra Bartolomeo di Dominici war ein intelligenter und kluger Theologe. Er war nachdenklich und ruhig im Urteil und besaß zugleich eine Schlichtheit und Demut, die seine Gelehrtheit nur umso stärker hervortreten ließ. Als er damals im Jahre 1368 als junger 24jähriger Ordens-Theologe zum ersten Mal von Fra Tommaso dalla Fonte eingeladen wurde, die 21jährige Caterina zu besuchen, konnte er nicht ahnen, dass er an ihr seine künftige Meisterin finden würde und dass dieser Besuch der Beginn einer lebenslangen Freundschaft werden sollte. „Als er ihre Zelle betrat, war er zunächst betroffen von der Enge und Dunkelheit des Raumes ..., er war erschüttert vom Anblick der Bretter, die Caterina als Lager dienten, er war vor allem aber gerührt von der Freundlichkeit und Reinheit dieser Mantellatin. Es war das erste Mal, daß er vor einer Frau ein solches Gefühl empfand. Bisher hatte er in den Frauen eigentlich immer nur das Weib gesehen, jetzt dagegen streifte kein unreiner Gedanke seinen Geist. Er sah in Caterina etwas Engelhaftes und bewunderte und verehrte sie vom ersten Augenblick an.“

Fra Bartolomeo Dominici, der Caterina zeitlebens wegen ihres tiefen Glaubens, ihrer Reinheit, ihrer Aufrichtigkeit und asketischen Strenge und wegen ihres caritativen Wirkens unter den Armen und Kranken bewunderte, gehörte von der ersten Begegnung an zur „Familie“ der Heiligen. Sie war dankbar dafür, in ihm einen gelehrten Predigerbruder gefunden zu haben, der sie verstand, mit dem sie über theologische Fragen sprechen konnte und der ihr gerade bei den Plänen, die sich auf Kirche und Politik bezogen, ein vertrauter Ratgeber war. Sie aber wurde seine „Mutter“ und Meisterin, die es verstand, ihn zu einer großen und tiefen Christusliebe zu führen, die sein ganzes weiteres Leben prägte.

Bartolomeo blieb trotz seiner Gelehrsamkeit und Intelligenz zugleich der einfache, bescheidene Seelsorger und war später bei den von Caterina veranstalteten Volksmissionen der mit besonderen päpstlichen Privilegien ausgestattete, überaus begehrte Beichtvater. Mit dabei war er auch auf ihren Reisen nach Pisa, Lucca und Avignon. Beim Sterben der Heiligen, am 29. April 1380, konnte er zwar nicht anwesend sein (er war damals Prior von San Domenico in Siena), wohl aber sah er sie ein letztes Mal einen Monat vor ihrem Tod in der Osterwoche 1380, wo er in ihrem Krankenzimmer die heilige Messe feiern konnte. Er erinnerte sich, dass sie während der ganzen Messe unbeweglich liegen blieb. Nach der Kommunion des Priesters aber, so berichtete er, „erhob sie sich plötzlich ohne jede Hilfe. Zum Erstaunen aller Anwesenden schleppte sie sich bis vor den Altar, wo sie mit geschlossenen Augen, die Arme vor der Brust verschränkt, niederkniete, bis ich ihr die heilige Kommunion reichte; wie gewöhnlich verharrte sie eine Zeitlang in Ekstase; dann fiel sie erneut in ihren hilflosen Zustand zurück“ (vgl. Prozess, S. 510).

Im Prozess von Castello (1411–1416), in dem Bartolomeo Dominici als einer der Hauptzeugen sowohl ihren vier Stunden währenden „mystischen Tod“ wie auch seine eigene wunderbare Heilung von der Pest durch Caterina bezeugte, hat er über diese seine letzte Begegnung mit der Heiligen in Rom berichtet. Furchtbar abgezehrt und vor Schwäche kaum mehr imstande zu flüstern, habe sie ihm „die unsäglichen Leiden und körperlichen Schmerzen enthüllt, die ihr die Dämonen deshalb zufügten, weil sie jeden Tag um Frieden für die heilige Kirche betete. Sie wünschte und erflehte vom Herrn, er wolle doch an ihrem Leib strafen, was die Urheber eines so unermesslichen Unheils (wie es das ausgebrochene abendländische Schisma war) für ihre Sünden verdient hätten ... Sie fügte hinzu: Glaubt mir, wenn ich jetzt sterbe, so ist nichts anderes an meinem Tod schuld als nur die unauslöschliche Glut der Liebe zur Kirche; sie verbrennt mein Herz und verzehrt das Mark meiner Gebeine. Doch für die Freiheit der Kirche erdulde ich dies alles gern und bin mit ganzem Herzen bereit, den Tod auf mich zu nehmen!“ (vgl. Prozess, S. 511). Die Freundschaft und Gesinnungsgleichheit, die beide bis in den Tod verband, kommt sehr schön zum Ausdruck in den neun uns erhaltenen Briefen, die die Heilige an diesen edlen, vorbildlichen Priester und Ordensmann geschrieben hat.

 

Die 9 Briefe im Überblick

 

1. Mein Gebet begleitet Euch       

Brief 105 (Fastenzeit 1372). Fra Bartolomeo ist mit seinem Mitbruder Fra Simone zur Fastenmission 1372 in Asciano, einem kleinen Landort 20 km südöstlich von Siena und wünscht sich Caterinas Besuch. In ihrer Antwort tröstet sie ihn mit dem Hinweis, daß sie ja im Gebet stets unsichtbar bei ihm sei. Zugleich fordert sie ihn auf, die Mühen der Seelsorgsaufgaben aus Liebe zu Gott anzunehmen. Ihre mütterliche Sorge wird deutlich in den sehr persönlichen und liebevollen Grüßen an Simone da Cortona.

 

2. Schaut nicht auf Eure Schwachheit!      

Brief 200 (Fastenzeit 1372). Ein zweiter ermutigender Brief an den „Missionar“ in Asciano. Allerdings: der Gedanke an einen Besuch ist zu vergessen, da es ihr momentan gesundheitlich nicht gut geht und auch der Beichtvater, Fra Tommaso dalla Fonte, ihr davon abgeraten hat. Den in Asciano anwesenden Mitgliedern ihrer „Familie“ legt sie ans Herz, das Bekenntnis der eigenen Sünden nicht hinauszuzögern.

 

3. Gott erwartet Großes von Euch            

Brief 127 (nahe Palmsonntag 1374). Bartolomeo unterrichtet seit einiger Zeit im Studienhaus in Pisa. Caterina schreibt ihm und seinem Mitbruder Caffarini in der Fastenzeit 1374 die neuesten Nachrichten: Der Papst bittet ums Gebet; der Kreuzzugsplan macht Fortschritte; unsere ganze „Truppe“ sollte mit ins Heilige Land fahren und bereit sein, wenn nötig das eigene Leben hinzugeben für das Heil der Kirche. Jedenfalls wurde dafür der Papst bereits um Erlaubnis gebeten. Am Schluss angefügt sind noch originelle Grüße von Caterinas Gefährtinnen.

 

4. Feuer und Funken        

Brief 70 (April / Mai 1374). Ein weiterer Brief an den Lehrer in Pisa. Dort ist die Pest ausgebrochen, und Fra Tommaso dalla Fonte in Siena macht sich Sorgen um seine Mitbrüder.

 

5. Gott ist ein Meer von Liebe        

Brief 146 (Sommer 1375). Bartolomeo ist inzwischen als Lektor für Bibelwissenschaft in Florenz tätig. Im Frühjahr 1375 kommt Caterina nach Pisa. Von hier aus besucht sie auch die Insel Gorgona. In ihrem Brief schreibt sie von den Eindrücken, die die Weite des Meeres in ihrer Seele hinterlassen hat.

 

6. Das Feuer des Heiligen Geistes

Brief 129 (Anfang Januar 1376). Caterina ist nach ihrem längeren Pisa-Aufenthalt gegen Ende des Jahres 1375 wieder nach Siena zurückgekehrt. An Weihnachten oder um Jahresbeginn dürfte sie in Montepulciano gewesen sein. Jedenfalls verwendet sich Caterina in mehreren Schreiben für die dort in Not geratenen Schwestern als Bittstellerin. Bartolomeo, der weiter in Florenz unterrichtet, möge den dortigen Bischof Angelo Ricasoli an ihren brieflichen Hilferuf erinnern.

 

7. Macht Euer Herz weit!

Brief 204 (Fastenzeit 1376). Nach seiner ersten Mission im Jahre 1372 ist Bartolomeo nun erneut zusammen mit Simone da Cortona als Fastenprediger in Asciano. Eine mühevolle Aufgabe. Es scheint, als habe er sich über die Bosheit und Verstocktheit der Einwohner des Ortes beklagt. Deshalb rät ihm Caterina zu mehr Liebe und Geduld.

 

8. Am Tisch des Kreuzes  

Brief 208 (Karwoche 1376). Wieder ein Schreiben nach Asciano – eine tiefe Betrachtung über die verströmende Liebe Gottes: das Kostbare Blut. In jeder heiligen Messe vollzieht sich das Geheimnis unserer Erlösung (vgl. Lumen Gentium 3). Caterina spricht darüber in verschiedenen Bildern: Christus ist der Altar, das Opfer und der Priester, der das Opfer vollzieht. Vom Altar strömt aller Segen, „jeder andere Tisch ist ohne Frucht“. Aus dem Kanal – der von der Lanze verursachten Herzwunde des Erlösers – strömen Blut und Wasser, die Sakramente des Heils. Davon muss sich die Seele nähren, um in eine Lebensgemeinschaft mit dem ewigen Gott zu gelangen. Wie ein Betrunkener sich ganz im Wein verliert, so soll sich auch die Seele „berauschen“ am Blut des Gottessohnes, das heißt an der unermesslichen Liebe Gottes.

 

9. Vertreibt den Dämon der Mutlosigkeit!

Brief 198 (Ostern 1376). Ein erneuter Brief nach Asciano, um dem „Missionar“ bei seiner Seelsorgsaufgabe Mut zu machen. Zugleich eine frohe Nachricht aus Avignon: Der Papst bittet ums Gebet und interessiert sich ernsthaft für den Kreuzzug.

 

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