Was ist mit „bella brigata“ gemeint?
Es ist bekannt, dass sich aus Caterinas Anhängerschaft im Laufe der Zeit eine Formation gebildet hat, die sie als ihre geistliche Familie betrachtete; es waren Frauen und Männer aus allen Ständen und Bildungsschichten der Gesellschaft, die sie verehrten und auf ihren Reisen begleiteten. Caterina bezeichnet sie als ihre „famiglia – ihre „geistlichen Familie“. Der gelegentlich in den Briefen von ihr verwendete Ausdruck „bella brigata“ (schöne Truppe bzw. schöne geschlossene Schar) ist damit allerdings nicht identisch.[1] Diese Bezeichnung verwendet sie nur im Zusammenhang mit jenem Teil ihrer Anhängerschaft, der bereit ist, mit ihr bei dem erhofften Kreuzzug, der „heiligen Überfahrt“ ins Heilige Land, mitzuziehen, um dort gemeinsam für Christus zu sterben. Die Aufforderung, die sie in fünf verschiedenen Briefen äußert, war somit eine Einladung zum Martyrium.
Brief 127 an Bartolomeo Dominici und Tommaso Caffarini: „Bittet jene höchste ewige Wahrheit, dass sie, wenn es das Bessere ist, uns und Euch diese Barmherzigkeit erweisen möge, auf dass unsere ganze geliebte Truppe [bella brigata] bereit ist, das Leben für ihn hinzuopfern.“
Brief 191 an Tommaso d Alviano: „Und wenn Frieden sein wird, dann laßt uns alle zusammen wie eine liebliche Truppe [bella brigata] gegen die Ungläubigen ziehen. Das wird meine größte Freude sein“ (d.h. Caterina möchte ihr Leben opfern, damit auch die Ungläubigen am Blut Christi, d.h. an der Erlösung Anteil bekommen).
Brief 284 an Kardinal Simone (Pedro) di Luna: „Ich bitte Euch, sagt ihm (dem Papst) … es möge ihm gefallen, Italien zu befrieden, damit wir dann als eine „bella brigata“ das Banner des Kreuzes ergreifen und aus Liebe zur Wahrheit Gott unser Opfer darbringen können.“
Gelegentlich wurden auch Frauen ermutigt, daran teilzunehmen, was Caterina ja auch selbst tun wollte:
Brief 138 an Johanna von Anjou: „Ich bitte Euch, haltet Euch bereit, damit wir alle als eine schöne geschlossene Schar [bella brigata] ausziehen, um für Christus zu sterben.“
Brief 144 an Monna Paola: „Laufen wir alle zusammen als eine wunderschöne Truppe [bella brigata], um uns selbst in dieses Wort einzupflanzen! Ich lade Euch zum Hochzeitsmahl dieser „Einpfropfung“ ein, das heißt, ich lade Euch ein, für ihn Euer Blut zu vergießen, so wie er es für uns getan hat. Mit anderen Worten: Ich lade Euch ein zum Heiligen Grab, um dort für ihn Euer Leben hinzugeben.“
Caterina vertraute auf die Macht des Blutes Christi und darauf, dass die Bekehrung der Heiden letztlich die Hingabe des eigenen Lebens erfordert. Nur jene Schar, die sie aus allen Ständen und Schichten dafür zu rekrutieren versuchte, nannte sie „bella brigata“. Dieser „wehrlose Zug“ konnte sich, wenn überhaupt, freilich nur einem bewaffneten Kreuzzug anschließen, weshalb die Verwirklichung dieser Idee vom Zustandekommen eines militärischen Unternehmens abhängig war.
[1] Obwohl eine Fußnote im Anhang der dt. Übersetzung der Legenda Minor (Tommaso Caffarini, Caterina von Siena, Erinnerungen eines Zeitzeugen, Kleinhain 2001) darauf hinweist, ist die Überschrift auf Seite 305 irreführend und ein Fehler des Herausgebers.