Nagelwunde

Gemälde im Kreuzgang der Dominikanerinnen in Weesen, Schweiz (Foto W. S.)

 

Raimund von Capua, Legenda Maior 193

Bei seinen weiteren Fragen erfuhr er [Raimund], dass die Jungfrau in ihren Gebeten den Herrn besonders darum ersucht hatte, er möge ihr versprechen, ihm und den anderen das ewige Leben zu schenken. Deswegen hatte sie die Hände ausgestreckt und gesagt: „Versprich mir, dass Du es tun wirst!“ Während sie so mit ausgestreckter Hand stand, glaubte sie einen großen Schmerz zu spüren; darüber stöhnte sie laut und sprach: „Gelobt sei Christus, der Herr!“ wie sie es bei ihren schmerzhaften Krankheiten zu tun pflegte. Daraufhin kam der Beichtvater zu Caterina und bat sie, ihm den Ablauf der ihr zuteil gewordenen Vision zu erzählen. Der Gehorsam nötigte sie, es zu tun, und nachdem sie das oben Erzählte berichtet hatte, fügte sie hinzu: „Als ich so eindringlich für Euch und für andere, denen mein Gebet galt, das ewige Leben erbat und der Herr es mir versprach, sagte ich – nicht aus Unglauben, sondern zur immerwährenden Erinnerung: ‚Und welches Zeichen, o Herr, gibst Du mir, dass Du es tun wirst?‘ Er erwiderte: ‚Strecke deine Hand zu Mir aus!‘ Als ich ihm meine Hand hingestreckt hatte, nahm er einen Nagel, setzte seine scharfe Spitze in der Mitte meiner Handfläche an und drückte ihn so heftig in meine Hand, dass ich glaubte, sie wäre völlig durchbohrt. Ich spürte einen Schmerz, als ob der eiserne Nagel mit dem Hammer durch meine Hand getrieben worden wäre. So trage ich durch die Gnade meines Herrn Jesus Christus sein Wundmal in meiner rechten Hand; mag es auch für andere unsichtbar sein, so ist es doch für mich spürbar und bereitet mir ständig Schmerz.“

 

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