Bulle vom 1. Juli 1376
Der hl. Caterina von Siena wird das Privileg eines tragbaren Reisealtars und der Zelebration der Messe vor Tagesanbruch zugestanden. Das Original dieser Bulle (Pergament, 16 Zeilen; 304 mm. X 515 mm) befindet sich in Siena, San Domenico in Camporegio. Hier befinden sich auch die beweglichen Teile des Tragaltares (der Altarstein, ein Stück von jenem Stein, über dem der hl. Thomas [Becket] von Canterbury ermordet wurde, das Korporale, das Kelchtuch, das türkisgrüne Kelchvelum, die Palla und die Paxtafel. Und man sagt, dass diese Paramente von Caterinas Hand genäht wurden (vgl. Jörg Jungmayr, die Legenda Maior. Bd. 2 Kommentar. Berlin 2004, S.1028).
Gregor, Bischof, Diener der Diener Gottes, sendet der in Christus geliebten Tochter Caterina, einer Frau aus Siena, die im Ordensgewand der Schwestern von der Buße des hl. Dominikus dient, Gruß und apostolischen Segen.
Die aufrichtige Hingabe, die du Uns und der Römischen Kirche gegenüber hegst, verdient in würdiger Weise, dass Wir deinen Bitten, besonders jenen, die Wir aus dem Eifer deiner Frömmigkeit hervorgehen sehen, günstig zustimmen, soweit Uns das im Herrn möglich ist. Deinen Bitten entsprechend geben Wir dir also die Erlaubnis, einen tragbaren Altar zu haben, auf dem du durch einen geeigneten Ordens- oder Weltpriester mit gebührender Ehrfurcht und Ehrerbietung an dafür geeigneten und würdigen Orten die Messe feiern lassen kannst. Und zwar auch – sollte dies erforderlich sein – noch vor Tagesanbruch, jedoch bei Licht, so dass die besagte Zelebration, weder dir noch dem Priester, der so zelebriert, zur Schuld angerechnet werden kann, sofern du von diesem Zugeständnis sparsam gebrauch machst. Denn da im Dienst des Altares unser Herr Jesus Christus, der Sohn Gottes, zum Opfer dargebracht wird, der der Glanz des ewigen Lichtes ist, geziemt es sich, dass dies nicht in nächtlicher Finsternis, sondern beim Licht des Tages geschieht[1]; darüber hinaus gilt die Erlaubnis zur Zelebration nötigenfalls auch an all jenen Orten (mit Ausnahme der exkommunizierten und interdizierten), die dem kirchlichen Interdikt unterliegen – allerdings ohne Läuten der Glocken und mit leiser Stimme, und solange du oder diese Personen [die Zelebranten] keine Ursache zum Interdikt gebt und es euch auch nicht ausdrücklich untersagt wird; zudem wird zugestanden, dass dir der besagte Priester, sooft es erforderlich ist, die kirchlichen Sakramente spenden kann, wobei die gegenteiligen Konstitutionen Unseres Vorgängers, des Papstes Clemens V. seligen Angedenkens (und irgend Anderer), keineswegs entgegenstehen, dabei aber das Recht der Pfarrkirche und irgendeiner anderen stets gewahrt bleibt. Dies alles gewähren Wir deiner Frömmigkeit mit der Autorität des hiermit Vorliegenden aus besonderer Gnade.
Keinem Menschen sei es daher gestattet, diese Urkunde unserer Erlaubnis zu verletzen oder ihr in verwegener Kühnheit zu widersprechen. Sollte einer sich herausnehmen, dies zu versuchen, so wisse er, dass er der Ungnade Gottes des Allmächtigen und der seligen Apostel Petrus und Paulus verfällt.
Gegeben zu Villa Nova, Diözese von Avignon, an den Kalenden des Juli, im sechsten Jahr unseres Pontifikats.
Gratis aus dem Mandat unseres Herrn, des Papstes. Bertoldus
[1] Über die von den Liturgikern festgelegten Zeiten für die Feier der Messen und die angeführten Gründe der Bequemlichkeit: Gullielmus Durandus, Rationale divinorum officiorum, lib. Iv, cap. I, ediz. Venetiis, 1572, fol. 59v.